Auch im Bietigheimer Rathaus herrscht Katerstimmung nach dem Bürgerentscheid. Foto: Pascal Thiel

Die Biogutvergärungsanlage ist vom Tisch – doch noch sind viele Fragen offen. Unklar ist, wie und wo der Landkreis künftig seinen Biomüll entsorgen will und ob die Betreiber Schadenersatz zahlen müssen. Und auch Karlsruhe ist von dem Bürgerentscheid betroffen.

Bietigheim-Bissingen - Seit Sonntagabend ist klar, dass es in Bietigheim-Bissingen keine Biogutvergärungsanlage auf dem Areal des ehemaligen Steinbruchs Fink geben wird. Mit knapp 13 000 Stimmen gegen 3 000 Stimmen lehnten 36 Prozent der wahlberechtigten Bürger das Projekt ab – zur großen Freude der Bürgerinitiative „Weder Bio noch gut“ und zum großen Verdruss des Betreibers, der Gesellschaft Biogutvergärung Bietigheim (BVB).

Während also viele Bietigheimer Bürger aufatmen, herrscht Katerstimmung bei den Planern und Projektbefürwortern. Der Landrat Rainer Haas kommentiert die Entscheidung als „schwarzen Tag für den Landkreis und Baden-Württemberg. Das Thema Energiewende ist hiermit für einige Jahre vom Tisch.“ Chancen, das Projekt an einem anderen Standort im Landkreis zu realisieren, sieht er nicht: „Es gibt kaum einen geeigneteren Standort als den Steinbruch. Wenn es dort nicht geht, dann schwerlich woanders.“ Damit müsse sich der Aufsichtsrat der Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises (AVL) befassen.

Der Kreis will trotzdem mehr Biomüll

Den Biomüll werde man auch künftig im Neckar-Odenwaldkreis entsorgen. Das Ziel, die Biomüllmengen im Landkreis zu steigern, bleibe von der Entscheidung am Sonntag jedoch unberührt, sagt Haas. Insgesamt entstünden keine finanziellen Nachteile für die AVL. Ob die BVB gegenüber der AVL regresspflichtig ist und eventuell Schadenersatz zahlen muss, weil sie die Verträge nicht einhalten kann, müsse man noch prüfen.

Auch in Karlsruhe wird man sich einige Verträge genauer ansehen müssen. Die Stadt hatte im März beschlossen, jährlich 17 000 Tonnen Biomüll künftig in der Bietigheimer Anlage zu vergären. Kosten: 28,2 Millionen Euro bei einer Laufzeit von 20 Jahren. Die Verträge gelten bereits, derzeit gilt eine Übergangsfrist von 24 Monaten, währenddessen der Biomüll in Flörsheim entsorgt wird. Wie es dann weitergeht, ist unklar. „Jetzt ist noch nicht der Zeitpunkt, über rechtliche Schritte nachzudenken“, sagt ein Sprecher der Stadt Karlsruhe.

Grundsätzliche Kritik des BUND bleibt bestehen

Auch beim Verband Region Stuttgart hält man sich bedeckt. Die Regionalversammlung hatte erwogen, den Regionalplan zu ändern, um das Projekt realisierbar zu machen. „Der Anlass, das Verfahren weiterzuführen, scheint mit der Entscheidung vom Sonntag nicht mehr gegeben zu sein“, sagt die Regionaldirektorin Nicola Schelling.

Für Stephan Flaig, den BUND-Kreisvorsitzenden, ist das Nein zur Anlage erfreulich, seine Kritik an der Planung bleibt jedoch bestehen: „Die Ausschreibung hatte nur auf Wirtschaftlichkeit Wert gelegt.“ Dass der Biomüll von außerhalb hätte hergebracht werden müssen, sei ökologisch nicht nachhaltig. Hinzu komme die Sorge, dass sich Plastikteilchen im Gärgut absetzen und über Umwege auf Felder gelangen könnten.

Es bleibt unklar, was aus dem Gelände wird

Alles beim Alten bleibt für das Makadamwerk und das Schotterwerk Fink: Sie haben eine verlängerte Betriebserlaubnis bis Ende 2017. Unsicher ist indes, was nun mit dem knapp 28 Hektar großen Gelände geschieht, auf dem die Anlage geplant war. Fink wollte das Areal verkaufen. Walter Klepser, der Geschäftsführer des Schotterwerks, sagt: „Wir können jetzt ohnehin nichts machen.“ Wegen des Bürgerentscheids gilt für drei Jahre ein Planungsstopp für das Areal.

Dort war nicht nur die Vergärungsanlage geplant, sondern auch ein Häckselplatz sowie eine Umgehungsstraße. Beide Vorhaben müssen ad acta gelegt werden. Bietigheim-Bissingens Oberbürgermeister Jürgen Kessing findet die Entscheidung der Bürger „auf lange Sicht nicht richtig, aber wir halten uns daran und setzen das um“. Eine Anlage an einem anderen Standort auf Gemarkung der Stadt hält er mit Blick auf das eindeutige Abstimmungsergebnis für nicht realisierbar: „Für Bietigheim war es das.“