Aus Angst vor Unverträglichkeit meiden Autofahrer E10 - Engpässe bei Super-Plus-Benzin.

Berlin - Mit einem eindringlichen Appell an die Autofahrer hat die Mineralölwirtschaft zum Umstieg auf den neuen Bio-Supersprit E10 aufgerufen. "Wir haben wirklich große Probleme", sagte Klaus Picard, der Hauptgeschäftsführer des Minerölwirtschaftsverbandes (MWV). Verunsicherte Autofahrer meiden den Bio-Sprit und sorgen damit an den Tankstellen für massive Engpässe bei Sorten wie Super Plus mit 98 Oktan.

Picard rief die Autofahrer auf, das neue Super-Benzin E10 mit einer Beimischung von zehn Prozent Ethanol zu tanken. Zudem sollen die Informationen an Tankstellen besser werden. Nach neuen Berechnungen vertragen 93 Prozent der in Deutschland angemeldeten Autos E10, von den deutschen Fabrikaten sogar 99 Prozent.

Hintergrund für die E10-Einführung sind Regelungen von EU und Bundesregierung, die höhere Biokraftstoffquoten durchsetzen möchten. Auf diesem Weg wollen sie die Abhängigkeit vom Öl reduzieren und das Klima besser schützen. "Wir erfüllen nur gesetzgeberische Vorgaben", betonte Picard. Die aktuellen Preissprünge an den Zapfsäulen hätten zudem nichts mit der E10-Einführung zu tun, sondern allein mit der Krise im Ölförderland Libyen.

Autofahrer tanken derzeit verstärkt das bis zu acht Cent teurere 98-Oktan-Benzin mit nur fünf Prozent Ethanol (E5). Dieses wird aber nur noch in kleinen Mengen angeboten, um E10 in den Markt zu bringen. Die Produktion kann nicht beliebig ausgeweitet werden, da Raffinerien laut Picard maximal 20 bis 30 Prozent 98-Oktan-Sprit herstellen können. Sollte sich die Lage nicht entspannen, müssten bereits Ende der Woche die ersten Raffinerien den Betrieb einstellen, weil sie auf randvollen Tanks mit E10 sitzen.

Bleibt E10 ein Ladenhüter, sollen als Folge laut Picard aber nicht die Raffinerien stillstehen, sondern soll wieder mehr herkömmliches Benzin E5 hergestellt werden. Dann drohen aber hohe Strafzahlungen, bei jedem statt E10 verkauften Liter E5 zwei Cent. Dies würde auf die Kunden umgelegt.

Der aus Weizen, Rüben oder Mais gewonnene Anteil Bio-Ethanol wird erst beim Abfüllen den Tankwagen beigemischt. Der Grundstoff von E10 ist kaum ins Ausland zu verkaufen, da jedes Land spezielle Spritmischungen hat. Picard sprach von einem Rumpfkraftstoff, der erst umgearbeitet werden müsse, was mit erheblichen Kosten verbunden sei. "Wir haben eine Balkanisierung in Europa", sagte er mit Blick auf den Flickenteppich an Vorgaben für diverse Spritmischungen.

Laut einer Umfrage von Auto.de lehnen 95 Prozent von 20.000 befragten Auto- und Motorradfahrern E10 ab. Neben der Angst, der Motor könne den Sprit nicht vertragen, führen sie an, E10 sei weniger leistungsstark als andere Sorten wie Super mit 98 Oktan, es lässt sich damit etwa 1,5 bis 2 Prozent weniger Strecke zurücklegen. Bisher ist E10 an 45 Prozent der deutschen Tankstellen zu haben.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen, Elmar Kühn, sagte: "Es gibt mit diesem Kraftstoff keine technischen Probleme, er ist hervorragend geeignet." Es habe eine lange Testphase gegeben, und der Sprit habe hochwertigste Qualität. "Alle Ängste, die da rumwabern, sind unbegründet."

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn schob den Schwarzen Peter für das Debakel der Bundesregierung zu: Man hätte eine Infokampagne starten müssen - mit Broschüren an Tankstellen und einer amtlichen Internetseite. "Jetzt herrscht leider bei vielen Autofahrern KonfusionBUND ZU E10]."