Die Pflegedienste im Südwesten müssen sich nach Ansicht von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) besser um ältere Migranten kümmern. Foto: dpa

Pflegedienste im Südwesten müssen sich laut Integrationsministerin besser um Migranten kümmern.

Stuttgart - Die Pflegedienste im Südwesten müssen sich nach Ansicht von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) gezielter um ältere Migranten kümmern. Die erste Generation von Zuwanderern komme in die Jahre, bleibe aber entgegen ursprünglicher Planung häufig in Deutschland und stelle die ambulante und stationäre Pflege vor neue Herausforderungen. „Es gibt Unterschiede, denen wir Rechnung tragen müssen“, sagte Öney am Freitag in Stuttgart.

Öney: Nötig ist eine „kultursensible Pflege“

Derzeit sind von den 2,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund im Südwesten elf Prozent älter als 65 Jahre. Der Paritätische Wohlfahrtsverband zählt 300.000 Senioren mit ausländischen Wurzeln zwischen Main und Bodensee. Nötig sei eine „kultursensible Pflege“, sagte Öney. Zum einen sei der körperliche Verschleiß wegen der harten Arbeit in der Industrie oft größer. Die Migranten seien zudem stärker von psychosomatischen Problemen betroffen als Deutsche gleichen Alters. „Es gibt Studien, die zeigen, dass das Gefühl der Fremde und Traumata während der Integration in Deutschland diese Menschen psychologisch enorm belasten.“ Auch hierauf müsse die Pflege eingehen, insbesondere mit Personal, das die Heimatsprache beherrsche. Denn die „Gastarbeiter“ hätten selten Integrationskurse besucht.

Sprachliche Probleme erschwerten häufig die Aufnahme der Krankheitsbilder der Senioren und damit auch die Diagnose. Das könne nicht nur schlimme Folgen für die älteren Patienten haben, sondern auch das Gesundheitssystem unnötig belasten. „Die Zweitsprache geht etwa bei Demenz als erstes verloren“, fügte sie hinzu. Migranten-Familien übernehmen nach den Worten der türkischstämmigen Ministerin nicht mehr selbstverständlich die Pflege der Älteren. „Das Familienkonzept hat sich geändert.“ Zudem bestünden bei Essen und Schamgefühl andere Bedürfnisse als bei deutschen Senioren, sagte Öney. „Auch darauf müssen wir uns einstellen.“ Sie sieht hierin einen lukrativen Markt für ambulante Pflegedienste. „Wenn sich diese neue Gruppen erschließen, ist das für alle Beteiligten ein Gewinn.“

Migranten für Pflegeberufe werben

Öney beobachtet bei den Migranten eine Zurückhaltung, den Pflegeberuf zu ergreifen. So liege der Anteil der Migranten in den Altenpflegeschulen bei etwa 15 Prozent - im Vergleich zu einem Gesamtanteil der Migranten an der Gesellschaft von 25 Prozent. Sie möchte in Abstimmung mit Seniorenministerin Katrin Altpeter (SPD) klären, ob eine gezielte Werbekampagne für den Beruf sinnvoll ist und das Stuttgarter Modellprojekt der Altenpflegeausbildung mit spezifischem Deutschunterricht ausgeweitet wird. „Das Image des Berufes muss sich ändern, auch durch eine bessere Bezahlung.“