Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sendet unbequeme Signale aus Foto: dpa

Einer neue Bildungsstudie zufolge stürzen Neuntklässler aus Baden-Württemberg in Deutsch und in Fremdsprachen ab. Auf der Suche nach Ursachen und Lösungen gilt es nicht in Hysterie zu verfallen, kommentiert Redakteur Nils Mayer.

Stuttgart - Baden-Württemberg schmiert ab. Nach all dem, was bisher über die neue Studie des Berliner Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) bekannt ist, schneiden die Neuntklässler aus dem Südwesten im Vergleich aller 16 Bundesländer überraschend schlecht ab. Statt – wie 2010 beim ersten IQB-Bildungstrend – erneut mit Bayern und Sachsen selbstbewusst an der Spitze zu stehen, tummelt sich das Land neuerdings bei Bremen und Berlin ganz weit unten in der Tabelle.

Der knallharte Absturz ist bitter und peinlich. Er zeugt davon, dass ein hohes Bildungsniveau eben auch in Baden-Württemberg nicht selbstverständlich ist. Doch woher rührt es, dass die Schüler aus dem Land im Fach Deutsch beim Lesen, Zuhören und bei der Rechtschreibung sowie in den Fremdsprachen Englisch und Französisch beim Lese- und Hörverstehen auf einmal unterdurchschnittlich schlechte Leistungen zeigen? Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht.

Grün-Rote Reformen sind kein Grund für schlechtes Ergebnis

Insgesamt 37 000 Schüler der Jahrgangsstufe neun aus allen Bundesländern sind von Mitte März 2015 bis Mitte Juni 2015 getestet worden. In Baden-Württemberg nahmen alle Schularten teil – mit Ausnahme der Gemeinschaftsschule, weil es dort damals noch keine neunten Klassen gab. Die Gemeinschaftsschule fällt als Grund für das Ergebnis also weg. Auch, dass Grün-Rot 2012 die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft hat, kann (noch) nicht als Erklärung für das miese baden-württembergische Abschneiden dienen. Denn die Probanden der Vergleichsstudie waren damals bereits auf weiterführenden Schulen.

Auf der Suche nach den Ursachen sind alle Beteiligten daher gut beraten, zur Abwechslung mal keine Weltuntergangsszenarien zu malen und nicht die üblichen Schuldzuweisungen auszupacken. Es wäre auch falsch, wenn die Debatte um die richtige Schulstruktur von vorn beginnt oder die breite Front aus Lehrerverbänden, Elternvertretern und manch einem Bildungspolitiker wieder mal neue Lehrerstellen fordert – getreu dem Motto: viel hilft viel. Das ist nachweislich ein Irrglaube. Dass es sich nirgends so hartnäckig hält wie unter Schullobbyisten, macht die Sache nicht besser. Kultusministerin Susanne Eisenmann kann man nur wünschen, sich nicht davon lenken zu lassen. Die Kernfragen sind andere: Wie kann die Qualität der Lehrer und des Unterrichts wieder besser werden? Und wie kommt Bildung auch dort an, wo sie tatsächlich gebraucht wird?

Landesrechnungshof wird eingeschaltet – das ist gut

Eisenmann scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Schon vor der neuen Vergleichsstudie kam sie in den Haushaltsgesprächen mit der grünen Finanzministerin Edith Sitzmann überein, dass die Prüfer des Landesrechnungshofs die Steuerung und den Einsatz der Ressourcen im Schulsystem mal genauer unter die Lupe nehmen mögen. Dies ist ein mutiger Schritt, weil er der CDU-Politikerin nach menschlichem Ermessen wohl kaum neue Freunde beschert. Aber es ist eben auch einer, der überfällig und ein deutliches Signal an die eigene Mannschaft ist. Denn es scheint, als habe manch einer in der Kultusbürokratie den Blick fürs Wesentliche und Notwendige verloren angesichts der Geld- und Stellenflut, die es schon unter Schwarz-Gelb und zuletzt auch unter Grün-Rot gegeben hat.

Es ist höchste Zeit, bei der Bildung nicht blindwütig von Ideologien geleitet zu agieren, sondern endlich mit Umsicht zum Wohl der Kinder und Jugendlichen. Am Ende geht es nämlich nicht um die Schulart oder die Quantität der Lehrer, sondern auch um deren Qualität.

nils.mayer@stuttgarter-nachrichten.de