Integration von Flüchtlingen wird die zentrale Herausforderung im nächsten Schuljahr. Foto: dpa

Die Flüchtlinge zu integrieren wird im neuen Schuljahr zur großen Aufgabe in Schulen und Kindergärten. Eine Studie hat errechnet: Das kostet bis zu 3,5 Milliarden Euro.

Berlin - In der Integration junger Flüchtlinge sieht der aktuelle Bildungsmonitor, den die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft jährlich vorlegt, die größte Herausforderung für die Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten im kommenden Jahr. Der Geschäftsführer der Initiative, Hubertus Pellengahr, forderte für 2017 Mehrinvestitionen von 3,5 Milliarden Euro für Schulen und die frühkindliche Bildung. Laut der Studie, die das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) erstellt hat, werden für die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund rund 100 000 weitere Kita-Plätze benötigt. Die Schulen müssen sich laut dem Bildungsexperten Axel Plünnecke, der die IW-Studie verfasst hat, 200 000 zusätzliche Schüler mit Fluchterfahrung einstellen. Plünnecke beziffert den Bedarf an Lehrkräften auf mindestens 15 000 Stellen; strebe man eine bessere Betreuungsrelation in Migrationsklassen an, sodass etwa zehn Schüler auf einen Lehrer kämen, würde der Bedarf auf 30 000 zusätzliche Lehrkräfte steigen.

Bildungswesen profitiert vom guten Übergang zur Arbeitswelt

Die schlechten Ergebnisse bei den internationalen Pisa-Studien nährten seit 15 Jahren Unzufriedenheit mit dem hiesigen Schulwesen. Doch Plünnecke bewertete das Bildungswesen in Deutschland im internationalen Vergleich insgesamt als „gut“. Zwar habe der aktuelle Bildungsmonitor, der das Schulwesen allerdings ausschließlich im Blick auf die ökonomische Nützlichkeit analysiert, zum ersten Mal seit 13 Jahren keine Verbesserungen beim Gesamtergebnis der Bundesländer ergeben. Aber „der Übergang von der Schule in den Beruf funktioniert. Deshalb gelingt es, die 15-jährigen Schüler, die in den Pisa-Studien Kompetenzprobleme beim Lesen und Rechnen haben, im Beruf nachzuqualifizieren“, betonte er. „In der Summe bringt unser System gute Absolventen hervor, die der deutschen Wirtschaft noch eine gute Position auf dem Weltmarkt sichern.“

Ausgerechnet die Zahl ausländischer Schulabbrecher ist zuletzt gestiegen

Dass laut Bildungsmonitor im Schuljahr 2014/2015 ausgerechnet die Schulabbrecherquote bei ausländischen Schülern von 10,7 auf 11,9 Prozent gestiegen ist, ist angesichts der großen Zahl der seither eingereister Flüchtlinge allerdings ein Alarmsignal. Mit die größten Schwierigkeiten stellen die mangelnden Deutschkenntnisse der Neuankömmlinge sowie das im Schnitt niedrige Qualifikationsniveau dar. Der IW-Bildungsexperte Plünnecke geht in seiner Datensammlung davon aus, dass mindestens ein Viertel der im Juni 2016 arbeitssuchend gemeldeten Flüchtlinge keinen Hauptschulabschluss hat. Ein Viertel habe maximal eine Grundschulausbildung. Um die Integrationschancen zu erhöhen, empfiehlt das Institut die Qualifikationsbasis der Flüchtlinge zu verbessern, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, die Durchlässigkeit zwischen den Schulen, die Fördermöglichkeiten dort und die frühkindliche Bildung zu stärken.

Abkupfern ausdrücklich erwünscht

Im Interesse an raschen Integrationsfortschritten verwiesen Hubertus Pellengahr und Axel Plünnecke auf einige besonders gut funktionierende Projekte und luden die Minister der Länder zum Abkupfern ein:

Lob gab es für das Ankunftszentrum Lebach. Das ist die zentrale Erstaufnahmestelle, die das Saarland gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge betreibt. Dort werden nicht nur Asylanträge – bei einfachen Fällen – besonders schnell abgearbeitet. Unmittelbar danach gibt es auch eine speziell auf Asylbewerber zugeschnittene Berufs- und Arbeitsmarktberatung.

Als nachahmenswert wird das Hamburger Modell der Integrationsklassen für Flüchtlingskinder eingestuft. Schon kurz nach der Ankunft beginnt in den Erstaufnahmeeinrichtungen die Vorbereitung auf den Schulbesuch. Je nach Alter und Kenntnisstand (Lesen/Schreiben) gibt es vier unterschiedliche Klassentypen. Selbst für Jugendliche, die schon kurz vor dem Abschluss stehen, gibt es Angebote.

In Bayern gilt für Asylbewerber und Flüchtlinge eine Schulpflicht bis zum 21. Lebenjahr. Das fordert die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft nun für ganz Deutschland. Wenn jemand vor dem 21. Geburtstag einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz findet, erlischt die Schulpflicht.

Als gute Hilfestellung für Unternehmen, die Flüchtlinge einstellen, werden auch die Integrationslotsen gelobt, die für Südwestmetall in Baden-Württemberg unterwegs sind. Sie fungieren als Schnittstelle zwischen Unternehmen, Flüchtling und allen betroffenen Institutionen.