Laut Kultusministerium wird es die nächsten Jahre weiterhin ein massives Problem bleiben, dass Lehrer fehlen Foto: dpa

Noch sind 700 Lehrerstellen an den baden-württembergischen Schulen unbesetzt. Die Kultusministerin Susanne Eisenmann versucht, Lücken zu schließen.

Stuttgart - Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) erwartet auch im neuen Schuljahr Versorgungsprobleme an den Schulen. 5000 Lehrerstellen sind zu besetzen, für 700 haben sich noch keine Bewerber gefunden. Allein an den Grundschulen im Land sind nach Darstellung Eisenmanns noch 400 bis 500 Stellen offen. Probleme gibt es vor allem an ländlichen Grundschulen in Südwürttemberg. Engpässe sind auch an den beruflichen und an den Sonderschulen zu erwarten.

Der Hauptgrund für die vielen Neubesetzungen ist die Pensionierungswelle, die Eisenmann als „überproportional“ bezeichnet. Sie wird noch einige Zeit anhalten. „Wir werden die nächsten drei bis vier Jahre weiterhin ein massives Problem haben“, erwartet Eisenmann. Außerdem werden für bildungspolitische Maßnahmen wie Ganztagsschule und Informatikunterricht 740 neue Stellen benötigt. Im Grundschullehramt fehlt dieses Jahr ein kompletter Bewerberjahrgang. Das Studium wurde vor drei Jahren von sechs auf acht Semester verlängert. Die Studenten schließen erst im nächsten Jahr ab. Dieser Einmaleffekt koste 400 Bewerber, sagte Eisenmann.

Eisenmann präsentiert Maßnahmenpaket

Um die Unterrichtsversorgung aufrechtzuerhalten, die nach Einschätzung der Kultusministerin auch schon in diesem Schuljahr „auf Kante genäht“ war, hat Eisenmann jetzt ein Maßnahmenpaket präsentiert, das kurzfristig Entlastung bringen soll. Das Land will beurlaubte und teilzeitbeschäftigte Lehrer ebenso aktivieren wie Pensionäre und angehende Pensionäre. Lehrer können in Zukunft nicht mehr mit der bisherigen Regelung der Teilzeit rechnen. Eisenmann kündigte an, Anträge, für die es keinen Rechtsanspruch gebe, ab jetzt „kritisch zu prüfen“. Sie denkt auch daran, eine Mindestverpflichtung von 65 Prozent anzusetzen. So ließen sich 90 Stellen gewinnen. Teilzeit während der Elternzeit und ähnliches ist nicht betroffen. Auch können angehende Pensionäre über die Altersgrenze hinaus arbeiten. Das machen zurzeit 200 Lehrer, Eisenmann hofft auf weitere 20. Allerdings arbeiten zurzeit nur 40 Prozent der Lehrer im Land bis zur gesetzlichen Altersgrenze von 65 Jahren. Wer schon in Pension ist, für den kann die Hinzuverdienstgrenze geöffnet werden. Das soll 80 Stellen bringen.

Kurzfristig können auch angehende Lehrer Lücken schließen. Eisenmann will auch Absolventen der Pädagogischen Hochschulen nach der Abschlussprüfung an der Hochschule und vor Beginn des Vorbereitungsdienstes im Unterricht einsetzen. Anders als an Grundschulen gibt es an Gymnasien mehr Bewerber als Stellen. Auf 1000 Stellen kommen dem Kultusministerium zufolge 3500 Bewerber. Schlechte Chancen haben Gymnasiallehrer mit geisteswissenschaftlichen Fächern. Sie können sich für die Arbeit an Grundschulen melden und werden zwei Jahre lang berufsbegleitend qualifiziert. Das Ministerium hofft auf 200 Teilnehmer an dem Programm, das kürzlich vorgestellt wurde. 100 Interessenten hätten sich bereits gemeldet, berichtete Eisenmann am Freitag. Durch Umstrukturierungen im Landesinstitut für Schulentwicklung werden 70 Stellen frei, die ab Herbst im Unterricht eingesetzt werden sollen.

Kritik kommt von der GEW

Eisenmann zeigte sich „zuversichtlich, dass wir die Unterrichtsversorgung stemmen können“. Mittelfristig will sie die Anzahl der Abordnungen von Lehrern etwa in der Verwaltung der Schulämter verringern. Schon 2018/19 könnten 200 Stellen in den Schulunterricht zurückverlagert werden. Der Lehrerbedarf soll effizienter gesteuert werden. In weniger gefragten Regionen sollen gezielt Ausbildungsschulen eingerichtet werden. Erfahrungsgemäß blieben Referendare oft nach Abschluss der Ausbildung an diesen Schulen, sagte Eisenmann.

Lehrerverbände nannten die kurzfristigen Maßnahmen enttäuschende und verzweifelte Notlösungen. Der Lehrerberuf müsse wieder attraktiver werden, fordern GEW und Berufsschullehrerverband ebenso wie die Grünen. Die GEW kritisiert, dass trotz des Mangels im kommenden Schuljahr 750 Stellen wegfallen. Eisenmann betont, es gebe einen Bewerbermangel, weniger einen Stellenmangel.