Das Marbacher Amtsgericht hat einen 37-Jährigen zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Foto: dpa

Vor Jahren war er abgeschoben worden, einen Tag war er zurück in Deutschland – und schlug sofort wieder zu. Im Juni hat ein Kosovare versucht, auf offener Straße in Bietigheim-Bissingen eine Frau auszurauben.

Ludwigsburg - Der Angeklagte ist mit dem Urteil nicht einverstanden, und das macht er schnell und lautstark deutlich. Gerade haben die Richterinnen am Marbacher Amtsgericht den 37-jährigen Kosovaren, zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt, weil er im Juni in Bietigheim-Bissingen eine Geschäftsfrau ausgeraubt hatte. Da hebt der Mann den Arm, fuchtelt in der Luft herum und schreit in den Saal: „Sofort Berufung.“

Mit juristischen Fachbegriffen kennt er sich aus, der 37-Jährige ist wegen Diebstahls und schweren Bandendiebstahls mehrfach vorbestraft. Nicht nur das: nachdem er vor Jahren in sein Heimatland abgeschoben worden war, war er erst im Juni dieses Jahres nach Deutschland zurückgekehrt. Nach eigener Aussage, um seinen Bruder zu besuchen. Tatsächlich schlug er sofort wieder zu. „Sie waren keine 24 Stunden in Deutschland und überfielen eine Frau“, sagte die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung.

Den Jugendlichen gelang es, den kampfsporterprobten Täter zu überwältigen

Das Opfer hatte zuvor mit zitternden Händen den Tathergang geschildert. Die Geschäftsfrau war auf dem Weg zu einer Bank gewesen, wollte dort ihre Einnahmen deponieren. Auf dem Parkplatz vor dem Kreditinstitut habe der Angeklagte plötzlich nach ihrer Tasche mit mehreren Tausend Euro gegriffen. „Er zog und zerrte“, berichtete sie, doch sie habe ihre Tasche verteidigt und um Hilfe gerufen. Der 37-Jährige, nach eigenen Angaben gelernter Bodyguard, stieß sein Opfer schließlich um und schleifte die Frau an der Handtasche einige Meter über den Boden.

Doch dann kam endlich Hilfe – drei jungen Asylbewerber und ein Schüler hörten die Schreie und rannten los. Als der Täter die Gruppe kommen sah, flüchtete er, doch die Jugendlichen nahmen die Verfolgung auf, holten ihn ein und stürzten sich auf ihn. Sie hätten zwar einige Mühe gehabt, den kampfsporterprobten Täter zu überwältigen, schilderte der Schüler. Doch es gelang ihnen, den 37-Jährigen bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten.

Der Polizeipräsident bedankte sich später persönlich bei den jungen Männern

Der Fall hatte im vergangenen Juni einiges Aufsehen erregt – auch wegen des couraggierten Eingreifens des Schülers und der Flüchtlinge, die damit Schlimmeres verhindert und einen offenbar chronisch Kriminellen gestoppt haben. Der Ludwigsburger Polizeipräsident Frank Rebholz lud die vier wenige Tage später ins Präsidium ein, um ihnen persönlich Dank und Anerkennung auszusprechen. „Ein solches Verhalten ist alles andere als selbstverständlich“, sagte er. „Denn Sie haben mit Ihrem Eingreifen sogar eine Gefährdung Ihrer eigenen Person in Kauf genommen“. Auch die 29-Jährige bedankte sich bei dieser Gelegenheit bei den Helfern.

Vor Gericht berichtete die Frau, die bei der Attacke starke Schürfwunden an den Armen erlitten hatte, dass sie immer noch „mit der Sache zu kämpfen“ habe. „Ich bin schreckhaft, wenn sich von hinten schnell jemand nähert“, erzählte sie. Weitaus belastender seien jedoch die ständig wiederkehrenden Träume mit dem starren Blick des Täters.

Mit ihrem Urteil folgte die Kammer in Marbach dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die trotz des Geständnisses des Angeklagten „eine erhebliche Freiheitsstrafe“ für notwendig hielt. Der 37-Jährige beteuerte vor Gericht, er habe „eine Dummheit getan“ und schäme sich, denn er sei nicht der Typ, der Frauen schlage.