Auf dem Vormarsch: Laura Dahlmeier. Foto:  

Sie sind jung, motiviert und unerfahren – vor der Saison hätte keiner einen Cent auf die deutschen Biathletinnen gesetzt. Auch die Erwartungen der Trainer waren nicht hoch. Vor der an diesem Donnerstag beginnenden Weltmeisterschaft in Finnland muss die Zielsetzung jedoch korrigiert werden.

Stuttgart - Der erste Tag der Weltmeisterschaft im finnischen Kontiolahti naht – die erste Möglichkeit für eine Medaille ebenso. Zumindest zwei deutsche Biathletinnen kämpfen an diesem Donnerstag (17.15 Uhr/ZDF) in der Mixed-Staffel um Gold, Silber und Bronze. Und die Chancen stehen gar nicht schlecht. Auch in einem Einzelwettbewerb scheint eine Medaille für die deutschen Mädels nicht mehr ausgeschlossen zu sein. Selbst für Gerald Hönig sind diese positiven Aussichten eine Überraschung: „Die Mädels haben sich in der Saison sehr gut präsentiert. Dass wir so schnell gute Platzierungen erreichen konnten, hat unsere Erwartungen übertroffen“, sagt der Frauen-Bundestrainer, der vor der Saison noch „Welpenschutz“ für sein junges Team gefordert hatte.

Magdalena Neuner, Kati Wilhelm, Uschi Disl, Petra Behle, Andrea Henkel – sie waren über Jahrzehnte die goldigen Lieblinge der Zuschauer. Seit dieser Saison ist nun keine mehr von ihnen dabei. Ihre Nachfolgerinnen sind zwar motiviert, aber sie sind jung und unerfahren. Bereits bei den Olympischen Spielen im vergangenen Winter enttäuschten die deutschen Biathletinnen.

Keine Medaille, zum ersten Mal überhaupt. Hinzu kam der Dopingfall Evi Sachenbacher-Stehle. Es folgten Vorwürfe und Anschuldigungen. Die Trainingsstrukturen seien verkrustet, Einfühlungsvermögen der Trainer würde fehlen, und generell gäbe es einen Reformstau im Biathlon-Lager – die goldenen Zeiten schienen endgültig vorbei zu sein.

Seither hat sich jedoch einiges verändert – auch personell: Ricco Groß kümmert sich seit diesem Winter um den Unterbau im IBU-Cup, für ihn rückte Andreas Stitzl an die Seite von Gerald Hönig. Der Posten von Uwe Müßiggang als Cheftrainer wurde nicht wieder besetzt. Im Training wurden zudem andere Reize gesetzt. „Wir haben nur versucht, unsere Hausaufgaben zu machen“, sagt Hönig, „wir haben gute und talentierte Mädchen zur Verfügung. Sie waren schon als Juniorinnen in der Weltspitze.“ Außerdem sei es gelungen, im Training eine gute Mischung zu finden. „Die Mädels haben es gut vertragen“, meint Hönig.

Sechsmal sind die Biathletinnen in dieser Saison aufs Podest gelaufen – allen voran Laura Dahlmeier, aber auch Franziska Preuß und Franziska Hildebrand schafften es unter die Top Drei. „Wir sind ein gutes Team, alles passt, jeder hat Spaß und haut sich voll rein“, sagt Laura Dahlmeier. Und deshalb müssen die Ziele für die WM neu formuliert werden. Statt um Welpenschutz geht es in Kontiolahti um die Jagd nach Podestplätzen. Die neue Generation greift an.

„In der Staffel wollen wir um die Medaillen mitlaufen“, sagt Hönig. „Ob es uns gelingt, ist etwas anderes.“ Für die Einzelrennen macht der Coach keine Vorgaben: „Wir haben ein schießstarkes Team“, erklärt er. Läuferisch sind andere besser: Die Weißrussin Darja Domratschewa zum Beispiel und die Finnin Kaisa Mäkäräinen. Machen sie keine Fehler, sind sie kaum zu schlagen. Doch auch sie treffen nicht immer ins Schwarze. Deshalb müsse es Hönigs Team gerade am Schießstand gelingen, die eigene Leistung abzurufen. „Wenn die anderen einen Fehler machen, müssen wir parat sein“, sagt Hönig. Dann ist nichts mehr ausgeschlossen – auch nicht Medaillen in den Einzelrennen.