Rund 250 Gäste sind an den Brahmsweg gekommen, um den Botnanger Schultes zu verabschieden. Foto: Torsten Ströbele

Bezirksvorsteher Wolfgang Stierle ist in der Liederkranzhalle verabschiedet worden. Rund 250 Gäste folgten der Einladung – darunter auch Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer.

Stuttgart-Botnang - Nach 18 Jahren und sieben Monaten ist Schluss: Botnangs Bezirksvorsteher Wolfgang Stierle wurde am Freitag offiziell in der Liederkranzhalle verabschiedet. Seit Montag ist er nun der neue Ortsvorsteher von Maichingen. „Das liegt aber nicht an der sibirischen Grenze, wie manch einer meint“, sagte Stierle und schmunzelte. Maichingen gehöre zu Sindelfingen und liege nur 16 Kilometer von hier entfernt. „Und ich werde dort auch Geld verdienen und mich nicht in den Ruhestand verabschieden“, räumte Stierle mit weiteren Vorurteilen auf. Er suche mit 51 Jahren in Sindelfingen auf der Bürgermeisterbank eine neue Herausforderung.

„Wenn nicht jetzt, wann dann“, fragte auch Stuttgarts Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer. „Wir lassen Sie aber nur schweren Herzens ziehen.“ Mayer war der erste von insgesamt sechs offiziellen Festrednern. Er blickte vor allem auf die einzelnen städtischen Stationen von Wolfgang Stierle zurück, der nach seinem Studium zum Diplom-Verwaltungswirt zunächst in der Stuttgarter Stadtkämmerei arbeitete. Seine Mitschüler hätten ihn nach dem Abitur eher belächelt, als er ihnen sagte, dass er Beamter werden wolle, sagte Stierle: „Aber die Begegnungen, die ich hatte und die Erfahrungen, die ich sammeln konnte, sind schwer zu toppen. Außerdem ist ja niemand gezwungen, sein Leben lang die Buchstaben A bis F bei der Hundesteuer zu bearbeiten.“ Um seine Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Oberbürgermeister Manfred Rommel wird Stierle auch von Fabian Mayer beneidet. Von 1993 bis 1997 war der gebürtige Botnanger Mitarbeiter im Referat von OB Rommel, ehe er auch zwei Jahre für dessen Nachfolger Wolfgang Schuster arbeitete.

1999 trat Stierle dann schließlich die Nachfolge als Botnanger Bezirksvorsteher von Ulrike Zich an, die nach Weilimdorf wechselte. „Als damals jemand für dieses Amt gesucht wurde, gab es schnell erste Gerüchte, dass ein geeigneter und hochqualifizierter Mann aus dem OB-Büro seinen Hut in den Ring geworfen hat“, erinnerte sich Ulrike Zich. „Der Wolfgang macht das, haben viele Alt-Botnanger gesagt.“

Stierles Nachfolger soll am 26. Oktober gewählt werden

Das Rad wollte Stierle in Botnang aber nicht neu erfinden. Viele Dinge haben schon bestens funktioniert. Deshalb habe er sich vor allem auch um die Infrastruktur des Bezirks kümmern wollen, sagte Stierle. „Es gab beispielsweise keine wirkliche Mitte und eine Menge unsanierter Hochhäuser“, so der Schultes. Das habe sich in den vergangenen Jahren geändert. „Ja, die Stadt funktioniert, entgegen einigen Unkenrufen. Man muss aber auch Visionäre zulassen, wenn das weiter so laufen soll.“ Ohne Visionen gebe es heute wohl weder eine Skating-Anlage an der Beethovenstraße noch einen Ortsbus. „Diesen Projekten wurden überhaupt keine Chancen eingeräumt.“ Stierle sprach in seiner Abschiedsrede noch Dinge an, die er nicht unkommentiert stehen lassen wollte: Gerne hätte er in der größeren Turn- und Versammlungshalle in Botnang gefeiert, um auch wirklich alle Weggefährten einladen und sich von ihnen verabschieden zu können. 300 bis 400 Leute hatte er auf seiner Liste. „Doch wenn die Stadt für diese Veranstaltung für ihre eigene Halle Miete verlangt, läuft etwas schief“, ärgerte sich Stierle. Er musste auf die kleinere Liederkranzhalle ausweichen, die nur 280 Personen fasst. Zudem vergesse man „im großen Rathaus“ auch gerne, dass es in den Bezirken keinen Sitzungsdienst und keinen Fuhrpark gebe. „Wir müssen an so einem Abend alles selber tragen und mit dem eigenen Auto transportieren. Das wird als selbstverständlich vorausgesetzt, ist es aber nicht.“ Deshalb dankte er allen Helfern umso mehr, die diesen Abend erst möglich gemacht haben – unter ihnen, vier Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, die den Ausschank übernommen hatten. Der Dank galt aber natürlich auch den Mitstreitern und Weggefährten der vergangenen mehr als 18 Jahre, die Stierle am Ende seiner Rede mit stehenden Ovationen verabschiedeten. Stierles Wunsch für die Zukunft, frei nach Manfred Rommel: „Seid ein bisschen nett zueinander.“ Er werde selbstverständlich verfolgen, wie es in Botnang weiter geht. „Ich werde mich aber nicht einmischen. Die vorderen Reihen sind jetzt anderen vorbehalten. Macht´s gut.“

Stierles Nachfolger soll am 26. Oktober vom Gemeinderat gewählt werden. Solange übernimmt Stellvertreterin Mina Smakaj die Amtsgeschäfte in Botnang. „Sie hat das gut drauf“, betonte Stierle.