In manchen Kommunen, wie hier im Bild in Bonndorf im Schwarzwald, ist der Bürgerkoffer bereits im Einsatz. Foto: dpa

Im Bezirksbeirat Sillenbuch ist der sogenannte Bürgerkoffer diskutiert worden: eine mobile Einheit, mit der quasi von überall aus Verwaltungsdienstleistungen wie Pässe oder Anträge ausgeführt werden können. In Sillenbuch könnte so Abhilfe für das barriereunfreie Rathaus geschaffen werden.

Sillenbuch - Das Sillenbucher Bezirksrathaus ist, wie schon mehrfach berichtet, nicht barrierefrei: Wer den Bezirksvorsteher oder andere Mitarbeiter des Amts sprechen will, muss die Treppe hinauf. Es gibt zwar Bemühungen, dies zu ändern, aber keine konkreten Pläne.

Darum hat die SÖS/Linke-plus-Fraktion im Bezirksbeirat nun den Vorschlag gemacht, einen sogenannten Bürgerkoffer für den Stadtbezirk anzuschaffen. Damit könnte die Bezirksverwaltung ihre Dienstleistungen ortsunabhängig anbieten: „Mit diesem von der Bundesdruckerei bereitgestellten Koffer können etwa Personalausweise, Reisepässe, Aufenthaltsbescheinigungen beantragt und ausgehändigt sowie weitere Verwaltungsdienstleistungen ausgeführt werden“, schreiben die Bezirksbeiräte Irene Kamm und Manfred Riesle in ihrem Antrag dazu. „Die Bezirksverwaltung kann mit dem Koffer einzelne Bürger zu Hause aufsuchen oder an einem barrierefreien, gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Ort regelmäßige Sprechstunden anbieten.“ Laut Antrag kostet die Anschaffung eines Bürgerkoffers zwischen 5000 und 6000 Euro, allerdings gebe es auch die Möglichkeit, den Koffer für 24 Monate oder erst einmal zu Testzwecken für zwei bis drei Monate zu mieten.

Idee findet Zustimmung

„Die Idee ist interessant“, meinte Philipp Kordowich (CDU), „aber ich bin kein Experte für die Abläufe im Ordnungsamt“. Er frage sich, ob der Koffer überhaupt einsetzbar sei. „Die Mitarbeiter im Bürgerbüro sind ja jetzt schon sehr eingespannt – wann sollen sie mit dem Bürgerkoffer unterwegs sein?“ Er schlug vor, aus dem Antrag auf Anschaffung eines Bürgerkoffers eine Anfrage an die Stadtverwaltung zu machen, um zunächst einmal herauszufinden, ob und wie der Einsatz eines Bürgerkoffers funktionieren könnte. Dem stimmte auch Dieter Grötzinger (Grüne) zu: „Das ist eine sinnvolle Sache, aber unter Umständen auch nicht nur isoliert für Sillenbuch.“

Manfred Riesle wiederum war von Kordowichs Vorschlag nicht begeistert: „Dann lassen wir uns das Heft aus der Hand nehmen. Wenn wir es nicht angehen, wird nichts daraus.“ Auch seine Fraktionskollegin Irene Kamm meinte: „Anfragen werden leicht vom Tisch gewischt.“

Der Bürgerkoffer in Sillenbuch als Pilotprojekt

Hier schaltete sich der Bezirksvorsteher Peter-Alexander Schreck ein: Auch er schätzte die Erfolgsaussichten einer Anfrage besser ein als die eines Antrags. „Herr Riesle, ich glaube, Sie verkennen die Psychologie der Verwaltung.“ Auch aus den Fraktionen von SPD, FDP und Freien Wählern kam Zustimmung, zunächst einmal eine Anfrage zum Bürgerkoffer zu starten. Dieter Grötzinger ergänzte: „Wir können ja das Angebot machen, den Bürgerkoffer in Sillenbuch als Pilotprojekt zu testen.“

Riesle und Kamm stimmten schließlich zu, den Antrag in eine Anfrage umzuformulieren. Diese wird nun an die Stadtverwaltung zur Auskunft weitergeleitet.

Dem Gemeinderat ist ein Bürgerzentrum als Neubau und Ersatz für das Bezirksrathaus an der Aixheimer Straße derzeit zu teuer. Deshalb ist die Sanierung des Rathauses wieder im Gespräch. Das Problem ist, dass das Gebäude nicht der Stadt Stuttgart, sondern der LBBW gehört. Die will nur investieren, wenn sich die Stadt auf entsprechend lange Zeit als Mieterin bindet – was diese aber bisher nicht will.