Die Halfpipe muss weg. Stattdessen will der Jugendrat hier eine Zone zum Chillen einrichten. Foto: Kathrin Wesely

Der Jugendrat durfte mit Fachleuten nach eigenen Wünschen einen Platz für Jugendliche planen. Am Ende wollten aber mancher Bezirksbeirat dreinreden: Sie wollten mehr „Action“ verordnen.

S-West - Man stelle sich vor, man sitzt in einem Wunschkonzert und wünscht sich zum Beispiel die Capri-Fischer. Aber dann erklingen gar nicht die ersehnten Streicher. Ein bruddelnden Kapellmeister tritt stattdessen ans Mikro: „Echt jetzt? Wollen Sie nicht lieber was anderes hören?“

Eine Jugendratssitzung ist freilich kein Wunschkonzert. Und die jungen Leute haben auch nicht bloß dagesessen und Wunschzettel geschrieben. Seit geraumer Zeit schon hat sich der Jugendrat West mit dem kleinen Platz an der Ecke Falkert-/Forststraße befasst. Augenblicklich steht dort noch eine Halfpipe, die sich großer Beliebtheit erfreut und den Platz zu einem belebten Treffpunkt macht. Doch nebenan wird zurzeit ein neues Quartier mit Gesundheitshaus und Mietwohnungen gebaut, das sich mit einem so geräuschintensiven Spielgerät nicht verträgt. Aus Lärmschutzgründen wird die Halfpipe deshalb in absehbarer Zeit abgebaut. Die Verwaltung sucht schon seit Monaten händeringend nach einem neuen, sozialverträglichen Standort im Westen.

Rustikale Pädagogik

Der freigeräumte Platz bleibt auch weiterhin für die Jugend reserviert. Der rechteckige Streifen liegt für die Schüler der Schloss-Realschule, des Dillmann- und des Karl-Eugen-Gymnasiums strategisch sehr günstig. Sie können hier Hohlstunden und Mittagspausen verbringen. In den zurückliegenden Monaten haben sich die Jugendräte gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekturbüro g2 sowie Fachleuten der Stadtverwaltung Gedanken gemacht, wie dieser Platz künftig möbliert und gestaltet werden soll. Herausgekommen ist ein Plan, der am Dienstagabend im Bezirksbeirat vorgestellt wurde.

Der erste Blick verblüfft. Das Wunschkonzert der Jugendlichen ist nämlich sehr bescheiden ausgefallen: Zwei Sitzpodeste mit Holzauflage in gegenüberliegenden Ecken, eine Art regendichter Wetterpilz zum Druntersitzen, zwei Pfosten für eine Slackline zum Balancieren und ein bisschen Buschwerk drumherum, damit man nicht so einfach reingucken kann.

Zu wenig „Action“, befanden unter anderem die Bezirksbeiräte Roland Stricker von der CDU und Rolf-Peter Kress von der AfD. Bislang, so Kress, habe auf dem Platz mit der Halfpipe „höchste Aktivität“ geherrscht, nun werde ihm „höchste Passivität“ verordnet. Kress sprach sich für mehr Bewegungsangebote auf dem Platz aus, gemäß seinem rustikalen pädagogischen Kredo: „Wer an Geräten turnt, der lässt seine Kraft nicht woanders aus.“

Gegen Bevormundung

Roland Stricker brachte die geräuscharme Sportart Calisthenics ins Spiel, die gut auf den Platz passe. Er empfahl den Jugendräten außerdem, ihre Pläne nochmals zu überdenken und stellte den Antrag, die Sache an den Jugendrat zurückzuweisen. Franz Rumiz von den Grünen und Luigi Pantisano von der SÖS-Linke-Plus echauffierten sich über die Versuche, die Jugendräte bei der Gestaltung bevormunden zu wollen: „Es ist vermessen, dass wir uns da einmischen“, meinte Pantisano.

Und die Jugend selbst? Sie war im Bezirksbeirat vertreten durch Jugendrätin Paula Körber. Sie nahm die Sache mit dem Antrag eher gelassen: „Wir können da ruhig noch mal drüber reden. Aber es gibt viele, die auf dem Platz bloß chillen und sitzen wollen. Die wollen da Mittagessen und Freunde treffen.“ Mögliche Sportgeräte habe der Jugendrat erörtert, übrig geblieben sei lediglich die Slackline. „Skaten und Basketball kamen ja wegen der Lautstärke nicht in Frage und andere Sportarten sind uns nicht eingefallen. Dieses Calisthenics wollte bei uns keiner, weil es so viel Platz wegnimmt. Das macht auch keiner von uns, ist wohl eher was für Erwachsene.“

Für die Jugendräte und die Jugendlichen, die sie vertreten, ist das Wunschplatzkonzert am Ende doch noch glimpflich ausgegangen: Der Antrag von Roland Stricker, die Angelegenheit nochmals in den Jugendrat zu verweisen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt und einer raschen Umsetzung der Planungen der jungen Leute klar zugestimmt.