Die Bezirksbeiräte verbringen viel Zeit in Sitzungen, unentgeltlich. Foto: Horst Rudel

Bezirksbeiräte verbringen viel Zeit in Sitzungen und mit deren Vor- und Nachbereitung. Das tun sie nicht des Geldes wegen, sondern um in ihrem Stadtbezirk etwas zu bewegen. Gerade einmal 30 Euro Sitzungsgeld bekommen die ehrenamtlichen Lokalpolitiker derzeit.

Bad Cannstatt - Sitzungen, deren Vor- und Nachbereitung, allerlei repräsentative Funktionen und jede Menge Verantwortung für die Gesellschaft – all das bekommen Stadträte bald besser bezahlt. 1500 statt bislang 1200 Euro Grundpauschale soll es für die Mitglieder des Stuttgarter Gemeinderates geben; dazu kommen Sitzungsgeld (60 Euro) und Vergütungen für Aufsichtsratsmandate (bis zu 1500 Euro pro Jahr). Bei einem geschätzten Aufwand von 20 bis 30 Wochenstunden kein üppiges Salär für ein Ehrenamt, aber doch ordentlich; als solches nämlich wird das Stadtratsmandat in der Kommunalverfassung definiert.

Bürgernah und gut vernetzt

Deutlich bescheidener fällt das Salär derjenigen aus, die politisch beratend tätig sind. Für die Bezirksbeiräte gibt es – unabhängig von der Dauer – pro Sitzung bislang 30 Euro. Bei durchschnittlich mindestens vier Stunden pro Woche, die ein Bezirksbeirat wie Helmut Dikel (CDU) in sein Ehrenamt investiert, ist das tatsächlich nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung. Auch wenn das Sitzungsgeld – wie von den Gemeinderatsfraktionen gefordert – künftig auf 40 Euro angehoben wird: „Des Geldes wegen macht man das nicht“, sagt Dikel schmunzelnd. Seit 34 Jahren sitzt er im Cannstatter Bezirksbeirat und ist der Dienstälteste in dem Gremium. Es sind die kleinen Erfolge, die ihm sein Amt versüßen. Neulich zum Beispiel genügte ein Anruf bei der Stadtverwaltung, um in einem unübersichtlichen Kreuzungsbereich ein Halteverbot zu erwirken. Das kommt vielen Sommerrainern nun tagtäglich zugute. Sich zu engagieren, ist für Dikel selbstverständlich. In der Freiwilligen Feuerwehr, im Sicherheitsbeirat, im Sportverein und im Lenkungsausschuss des DRK-Seniorenzentrums war und ist er aktiv. Diese Tätigkeiten helfen ihm auch bei seiner Arbeit im Bezirksbeirat: „Es ist wichtig, gut vernetzt zu sein, einen Draht zu den Menschen zu haben und an der Basis zu sein“, sagt der 79-Jährige. So könne man bei praktischen Fragen helfen und seine Ideen über den Bezirksbeirat oder die Fraktion auch zu großen Projekten einbringen, insbesondere wenn sich der Bezirksbeirat einig ist: „Lehnt ein Bezirksbeirat eine zur Beschlussfassung vorgelegte Vorlage mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ab, muss die Angelegenheit noch einmal ins Gremium“, sagt eine Mitarbeiterin des Haupt- und Personalamts. Ein einstimmiges Votum könne die Aussage des Bezirksbeirats zusätzlich stärken. Für Stadtverwaltung und Gemeinderat sei diese Beratung wichtig: „Die Bezirksbeiräte haben bessere Kenntnisse vor Ort als diejenigen, die eine Stufe darüber stehen.“

Lebensbedingungen vebessern

Hannah Keding muss sich die Kenntnisse über und die Kontakte im Stadtbezirk erst noch erarbeiten. Die 27-Jährige ist neu für die Cannstatter Grünen im Bezirksbeirat und zieht nach ihrer zweiten Sitzung ein positives Fazit: „Auch in einem beratenden Gremium kann man viel bewirken und die Lebensbedingungen der Menschen konkret verbessern.“ Als die junge Frau gefragt wurde, ob sie Bezirksbeirätin werden wolle, habe sie keinen Moment gezögert, auch wenn es ein aufwendiges Ehrenamt sei: „Ich lerne viel, unter anderem über Verkehrspolitik, Stadtpolitik und Stadtentwicklung“, sagt Keding, die unter anderem Politik studiert hat und sich in den vergangenen Jahren bei der Menschenrechts-Organisation für Frauen Terre des Femmes engagiert hat. Die Vergütung habe bei ihrer Entscheidung keine Rolle gespielt: „Ich habe erst gelesen, dass es eine Vergütung gibt, als ich mich erkundigt habe, welche Aufgaben ein Bezirksbeirat hat.“

Der Bezirksbeirat und seine Aufgaben

Aufgabe
: Die Bezirksbeiräte sind ehrenamtlich tätig. Sie beraten über alle Entscheidungen, die der Gemeinderat für einen bestimmten Bezirk treffen soll, und sprechen Empfehlungen aus.

Wahl
: Nach jeder Gemeinderatswahl werden in den 23 Stadtbezirken neue Bezirksbeiräte gebildet. Wie viele Mitglieder die Gremien haben, hängt von der Einwohnerzahl des Bezirks ab. Insgesamt gibt es in den Stadtbezirken 313 Mandate. Die im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen schlagen ihre Kandidaten vor, für die Bestellung ist der Oberbürgermeister zuständig.