Müslüm Dikme setzt sich für Bad Cannstatt ein. Foto: Annina Baur

Müslüm Dikme ist der neue sachkundige Einwohner für Migration und Integration im Bezirksbeirat Bad Cannstatt. Der Finanzfachwirt mit türkischen Wurzeln möchte Migranten dabei helfen, erfolgreich in Deutschland Fuß zu fassen.

Bad Cannstatt - Müslüm Dikme ist ein Migrant wie aus dem Bilderbuch. Im Alter von 13 Jahren kam er mit seinen Eltern aus der Türkei nach Deutschland. Sein Berufsleben begann als Arbeiter. Es folgten Umschulung und Fortbildungen, heute ist er erfolgreich als Finanzfachwirt selbstständig in Bad Cannstatt. Sich selbst zu beweihräuchern ist seine Sache nicht, lieber möchte er dabei helfen, möglichst vielen anderen Migranten zu helfen, ebenso erfolgreich in Deutschland Fuß zu fassen. Seit 2009 ist Dikme Mitglied im Internationalen Ausschuss, seit wenigen Wochen sitzt er zusätzlich als sachkundiger Einwohner für Migration und Integration im Bezirksbeirat Bad Cannstatt.

„Cannstatt ist ein wunderschöner Stadtbezirk“, sagt der 49-Jährige. Er schätzt vor allem die Mineralbäder, den Kur- und den Rosensteinpark und die Lage am Fluss. Nichtsdestotrotz gebe es auch noch Entwicklungspotenzial. „Es fehlen Orte, an denen die Menschen unterschiedlichster Herkunftsländer miteinander kommunizieren können.“ Ihm schwebt zum Beispiel ein schöner Spielplatz samt Kiosk, Sitzgelegenheiten und Toiletten vor, der sich zum Treffpunkt für alle Generationen entwickelt. Außerdem möchte Müslüm Dikme sich dafür einsetzen, die Belastungen durch Müll, Parken und wildes Urinieren während des Frühlings- und des Volksfests zu reduzieren und manch eine Unterführung sauberer und ansehnlicher zu gestalten.

Mehr Transparenz im Behördendschungel

Nicht zuletzt will Dikme sich für mehr Transparenz im Behördendschungel stark machen. „Viele Migranten wissen nicht, wohin sie sich bei Problemen wenden sollen, egal ob sie Rentner, Sozialhilfeempfänger oder Unternehmer sind.“ Auch viele berufsbezogene Sprachkurse, die in Stuttgart für Migranten angeboten würden, seien ihnen häufig nicht geläufig und müssten bekannter gemacht werden.

Mit mehr und besserer Kommunikation, glaubt Dikme, ließen sich überhaupt viele Probleme überbrücken: „Es ist immer wichtig, sich in die Lage von Deutschen und Migranten hineinversetzen zu können“, sagt der gebürtige Türke. Zum Beispiel sei er selbst kein Freund der Verschleierung von Frauen. Nichtsdestotrotz sollte man seiner Ansicht nach auch nicht darauf herabschauen. Andererseits provozierten manchmal auch seine Landsleute. „Für ein besseres Zusammenleben müssen einfach alle aufeinander zugehen.“ Das sieht der Cannstatter Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler ähnlich: „Integration bedeutet auch, dass Belange der Migranten im politischen Raum wahrgenommen werden.“

Belange der Migranten in die Politik einbringen

Solange in den Fraktionen wenige bis sehr wenige Menschen mit Migrationshintergrund aktiv mitwirken, sei die Funktion, die Müslüm Dikme wahr nehme, von großer Bedeutung. Als sachkundiger Einwohner für Migration und Integration könne er die Fühler und Netzwerke dorthin ausstrecken und offen halten, wo sich ein eingesessener Deutscher schwer tue, sich einzuschalten. „Dies ist wichtig, wenn man Politik nicht an knapp der Hälfte der Bevölkerung vorbei gestalten will“, so Löffler.

Langfristiges Ziel muss aus seiner Sicht sein, diese Funktion überflüssig zu machen. „Wenn wir irgendwann in allen Fraktionen in einer gewissen Selbstverständlichkeit Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund als dem schwäbisch-deutschen haben, bedarf es dieser Rolle eines Wächters der Interessen von Menschen mit Migrationshintergrund nicht mehr. Und das ist hoffentlich bald“, so der Cannstatter Bezirksvorsteher.