Während der Fußball-WM in Stuttgart: Public Viewing im Jahr 2006. Foto: Michael Steinert

Stuttgart bewirbt sich als Standort für die Fußball-EM 2024. Welche Anforderungen die Städte und die Stadien erfüllen müssen, will der DFB im April mitteilen.

Stuttgart - Wird Stuttgart einer der Austragungsorte während der Fußball-EM 2024? Ob die Stadt die Anforderungen des DFB erfüllt, wird im April bekannt. Eines ist schon klar: Die Uefa will keine Steuern zahlen. Und für die Funktionäre müssen Krankenhausbetten und Fahrspuren reserviert werden.

Wie sieht der Fahrplan aus?

18 deutsche Städte haben ihr unverbindliches Interesse bekundet, Spielort zu werden. Mit zehn Stadien will sich der Deutsche Fußball-Bund bewerben. Am 17. März wird der Europäische Fußballverband Uefa seine Anforderungen dem DFB vorstellen. „Wir werden wohl am 11. April vom DFB in Frankfurt informiert werden“, sagt Jörg Klopfer, Sprecher der städtischen Tochter Stadion Neckarpark, Eigentümerin des Stadions. Bis zum 12. Juni müssen dann die Bewerbungsunterlagen beim DFB eingereicht haben. Am 15. September will der DFB die zehn Stadien benennen. Am 27. April 2018 muss der DFB dann seinerseits seine Bewerbung bei der Uefa einreichen. Diese entscheidet im September 2018 darüber, wer die EM mit 24 Mannschaften und 51 Spielen ausrichten darf. Bisher ist die Türkei der einzige Konkurrent Deutschlands.

Welche Städte haben sich beworben?

Insgesamt interessieren sich 18 Städte dafür, Spiele auszurichten. Es sind dies die zwölf Spielorte der WM 2006: Berlin, Dortmund, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Hannover, Kaiserslautern, Köln, Leipzig, München, Nürnberg und Stuttgart. Dresden, Düsseldorf, Mönchengladbach, Bremen, Karlsruhe und Freiburg wären auch gerne dabei. Dresden will das Stadion aufstocken, Freiburg und Karlsruhe wollen neu bauen und so die Mindestanforderung erfüllen, 30 000 Sitzplätze zu bieten.

Wie sind Stuttgarts Chancen?

Bisher war Stuttgart immer ein Spielort bei Fußballturnieren in Deutschland. Sowohl bei der WM 1974 als auch bei der EM 1988 und der WM 2006 wurde in Bad Cannstatt gekickt. Bei der Stadiongesellschaft und der Stadt geht man davon aus, dass auch für „2024 die Chancen groß sind“. Die nötige Infrastruktur sei vorhanden, sagt Hermann Karpf, Referent von Stuttgarts Sport- und Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU), „der DFB weiß, was er an uns hat“. Auch Jörg Klopfer ist zuversichtlich. „Die Erfahrungen der WM 2006 sprechen sicher für Stuttgart“, sagt er, zudem ist die Mercedes-Benz-Arena mit knapp 55 000 Sitzplätzen eines der größten Stadien Deutschlands.

Wie stehen Deutschlands Chancen?

DFB-Chef Reinhard Grindel sagt: „Wir haben in Deutschland die Stadien, wir haben die Infrastruktur, und wir haben das Know-how, um eine ökonomisch vernünftige und ökologisch verträgliche Euro auszurichten.“ Doch weil er nicht blauäugig ist, hat er sich bei der Wahl des neuen Uefa-Chefs auf die Seite von Aleksander Ceferin gestellt, der nicht gerade als Erneuerer gilt. Der unterlegene Michael van Praag sagte hernach, Grindel habe das getan, weil Ceferin als Mann Russlands gilt und der DFB die Stimmen der Russen und ihrer Verbündeten brauche, um die EM 2024 zu erhalten. Üble Nachrede? Vielleicht. Aber der DFB hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er weiß, wie man Strippen zieht. Noch immer nicht geklärt ist, wie im Zuge der Bewerbung für die WM 6,7 Millionen Euro aus Deutschland auf dem Konto einer Firma in Katar gelandet sind, die dem Stimmenkäufer Mohamed bin Hammam gehört. Fakt ist: Deutschland erhielt die WM 2006.

Was fordert die Uefa?

Bisher weiß man nur, dass mindestens 30 000 Sitzplätze zur Verfügung stehen müssen. Die weiteren Forderungen der Uefa werden erst noch formuliert. Genaues weiß man weder bei der Stadiongesellschaft noch der Stadt. Man glaubt sich aber gut gerüstet mit der vorhandenen Infrastruktur. Zu früh sei es auch noch zu sagen, ob man wieder Leinwände aufstelle, sagt Karpf. „Mit dem Konzept warten wir jetzt mal ab, es ist auch noch Zeit.“ Was aber klar ist, die Uefa wird auf einige Extrawürste bestehen. So muss eine Fahrspur vom Flughafen zum Stadion für die Funktionäre freigehalten werden. Bei vorhergehenden Turnieren mussten auch Krankenhausbetten und Ärzte vorgehalten werden, falls ein Funktionär Behandlung wünschte. Und ihre Sponsoren schützen die Sportverbände rigoros. Während der WM 2006 forderte man, den Namen Mercedesstraße zu überkleben, weil Hyundai Exklusivsponsor der Fifa ist. Beim Polizeisportverein musste der Wirt die Hofbräu-Werbung abkleben und Bitburger ausschenken.

Was kostet das Turnier?

Solange die Anforderungen nicht bekannt sind, lässt sich dazu schwer eine Aussage treffen. Die Fußball-WM 2006 kostete die öffentliche Hand mehr als drei Milliarden Euro. Die Sicherheitsmaßnahmen waren teuer, aber Bund, Länder und Kommunen zahlten auch 874 Millionen Euro für den Bau und die Sanierung der Stadien. In Stuttgart kostete der Umbau des damaligen Daimlerstadions 51,3 Millionen Euro. 39,5 Millionen kamen von Stadt und Land. Für das Unterhaltungsprogramm während der WM zahlte die Stadt 13 Millionen Euro.

Lohnt sich das?

Das ist eine Frage der Perspektive. Zahlreiche Wirtschaftsforscher kamen zum Schluss, viele der vorausgesagten Effekte seien nicht eingetreten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ebenso wie Forscher der Uni Hamburg stellten fest, die WM 2006 habe weder Arbeitsmarkt noch Wirtschaft beflügelt. Der US-amerikanische Ökonom Victor Matheson hat mehrere sportliche Großereignisse untersucht. Er sagt: „Die WM hat die Deutschen nicht reicher, aber glücklicher gemacht.“

Warum zahlt die Uefa keine Steuern?

Sportverbände wie IOC, Fifa und Uefa kommen mit ihren Veranstaltungen nur ins Land, wenn sie von der Steuer befreit werden. Nur Umsatzsteuer zahlen sie. Bei der jüngsten EM in Frankreich nahm die Uefa 1,9 Milliarden Euro ein. Der Gastgeber hatte Kosten in ähnlicher Höhe. Immerhin zahlte die Uefa erstmals Stadionmiete, 21 Millionen Euro – für alle zehn Stadien. Stuttgart möchte in zwei Jahren das Finale der Europa League ausrichten. Auch da möchte sich die Uefa von der Steuer befreien lassen. So wie beim Champions-League-Finale in Berlin 2015. Das kostete die Stadt fünf Millionen Euro. Den Gewinn sackte die Uefa ein. Mehrere Bundestagsabgeordnete wollten daraufhin wissen, wie viel Geld dem Land Berlin entgangen war. Die Antwort: „Zu etwaigen Steuermindereinnahmen hat die Bundesregierung keine Erkenntnisse.“