Wer am anderen Ende der Leitung sitzt, ist unklar. Foto: dpa

Die Anruferin wusste alles: Name, Adresse, Geburtsdatum, Bankverbindung. Eine junge Frau aus Vaihingen wurde von Telefonbetrügern angegangen.

Vaihingen - Auch einige Tage später hat die junge Frau noch ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Alskürzlich ihr Mobiltelefon klingelte und sie hörte, was die Anruferin ihr zu sagen hatte, „bekam ich schon etwas Panik“, sagt die Vaihingerin. Wer auch immer da am anderen Ende der Leitung war, sie wusste ihren Namen, ihre Adresse, ihr Geburtsdatum, ihre Kontonummer und ihre Bankleitzahl. Einfach alles. „Sie konnte mir alles Ziffer für Ziffer genau aufsagen, ohne Zahlendreher“, sagt sie. Und natürlich ging es ums Geld.

Verständlich, dass die junge Vaihingerin ihren Namen deshalb nicht nennen will, zumindest soll er nicht in der Zeitung stehen. Wer weiß schon, ob die Betrüger dass irgendwie verwenden könnten, meint sie. Jedenfalls wurde ihr eine Geschichte aufgetischt, die so absurd ist wie dämlich. Sie, die Anruferin, arbeite für die Gewinnspielzentrale Deutsche Sperrliste, und sie, die Vaihingerin, hätte ein Gewinnspielabo abgeschlossen.

Deshalb würden in den nächsten neun Monaten jeweils 89,95 Euro von ihrem Konto abgebucht – die Kontodaten kannte die Anruferin ja. Wenn sie damit nicht einverstanden sei, würde man ihr ein Paket zuschicken, das sie für 100 Euro vom Postboten bekommen würde. In dem Paket wären dann auch die angeblichen Vertragsunterlagen enthalten sowie ein Kündigungsschreiben, das sie gleich wieder zurückschicken sollte.

In den vergangenen Wochen kam es zu mehreren Fällen

Inzwischen war die junge Frau bei der Bank. Geld wurde keines abgebucht, und sollte es jemand versuchen, würde das geblockt, teilte ihr die Filiale mit. Bei der Polizei hat sie Anzeige gegen Unbekannt erstattet, und für den Fall der Fälle hat sie auch gleich einen Anwalt zurate gezogen. Das Paket kam übrigens nicht an.

In den vergangenen Wochen sind mehrere Versuche von Telefonbetrügereien auf der Filderebene bekannt geworden. So waren zum Beispiel Patienten der Möhringer Diakoniestation angerufen worden. Die Verwaltung der Diakonie, hieß es, bräuchte die Kontodaten. Wie die Trickser überhaupt in Erfahrung bringen konnten, dass die Angerufenen auch tatsächlich Möhringer Patienten an der Strippe hatten, blieb ein Rätsel.

In einem anderen Fall hatte sich ein vermeintlicher Oberstaatsanwalt aus Hamburg mit Allerweltsnamen bei einer Dame in Rohr gemeldet. Sie sei Opfer einer kriminellen Bande geworden und er würde ihr gerne eine Entschädigung in Höhe von 43 000 Euro überweisen. Sie müsste jedoch erst eine, wie er es nannte, Bereitstellungsgebühr bezahlen. Diese würde 5250 Euro betragen.

Diese Häufung ist kein Zufall. „Es macht den Eindruck, als ob die Fälle zunehmen“, sagt Tobias Tomaszewski, der Sprecher der Polizei. Genaue Zahlen liegen ihm zwar nicht vor, doch würden sich seine Kollegen vermehrt um Telefonbetrügereien kümmern. Ob dies darin begründet ist, dass Kriminelle öfter auf diese Masche zurückgreifen, kann er nicht sagen. „Es könnte auch sein, dass sich die Betroffenen eher bei der Polizei melden“, sagt er.

Die Polizei rät, keine persönlichen Daten herauszugeben

Generell rät er „aufzupassen, am Telefon und im Internet so wenige Daten wie möglich preiszugeben“. Dies gelte vor allem dann, wenn man sich nicht sicher sei, wer die Daten will. „Im Zweifelsfall sollte man immer etwas Schriftliches verlangen“, sagt Tomaszewski. „Und wenn etwas verdächtig erscheint, sollte die Polizei verständigt werden.“

So gesehen hat die junge Frau aus Vaihingen alles richtig gemacht. Sie hat auch die Nummer notiert, von der aus sie angerufen wurde. Sie gehört zu einem Mobiltelefon. Dort nimmt niemand ab, die Mailbox ist voll. Eine Suchanfrage im Internet ergibt, dass von diesem Anschluss aus in den vergangenen zwei Wochen bereits viel Schindluder getrieben wurde.

In einem Onlineforum beschreiben die Betroffenen die Gespräche, die immer nach dem exakt gleichen Muster ablaufen. Manche vermuten Betrüger, andere ein Callcenter, wieder andere tippen darauf, dass jemand eine Adressdatenbank gekauft hätte. Mehr als 600 Suchanfragen aus allen Großstädten Deutschlands registriert das Forum.

Die Gewinnspielzentrale Deutsche Sperrliste gibt es übrigens nicht, sie ist eine Erfindung. Noch nicht einmal eine Gewinnspielzentrale existiert, obwohl diese Bezeichnung bereits seit einigen Jahren immer mal wieder im Zusammenhang mit Telefonbetrügereien auftaucht. Ob diese Fälle aber zusammenhängen, scheint unwahrscheinlich. Letztlich ähneln sich die Geschichten, die die Trickser am Telefon erzählen.