Bündelweise Geld sind aus der LBBW-Zentrale verschwunden – Verdächtig ist ein Mitarbeiter Foto: AP

Nicht immer sind es Bankräuber, die bei Banken Beute machen. Manchmal sind es auch die eigenen Mitarbeiter. Einer bediente sich in der Zentrale der Landesbank mit haufenweise Bargeld. Er wird mit internationalem Haftbefehl gesucht.

Stuttgart - Seit zwei Monaten ist Christian Schmidt spurlos verschwunden – und offenbar hat er seine Tat noch nicht bereut. Der 42 Jahre alte Mitarbeiter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hatte einen Tag vor Heiligabend mehr als 700 000 Euro aus der Zentrale des Geldinstituts abgezweigt und sich damit über die Weihnachtsfeiertage aus dem Staub gemacht.

Dass der zuletzt in Besigheim (Kreis Ludwigsburg) gemeldete Mann alle Brücken hinter sich abreißen würde und ihm nun mehrere Jahre Gefängnisaufenthalt drohen, muss der 42-Jährige vorher bewusst einkalkuliert haben. Seit Montag ist die Suche nach ihm ganz öffentlich freigegeben – die Polizei sucht ihn mit Namen und Fahndungsfoto.

Wie das alles passieren konnte? „Vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen können wir dazu keine Auskunft geben“, sagt LBBW-Sprecher Bernd Wagner, „wir können nur bestätigen, dass sich der Fall bei uns abgespielt hat.“

Es passierte jedenfalls in einem Kassenraum der LBBW-Zentrale am Stuttgarter Hauptbahnhof – und in Bankkreisen ist zu hören, dass bei dem Coup offenbar erhebliche kriminelle Energie und Einfallsreichtum eine Rolle gespielt hatten. Trotz Sicherheitsvorkehrungen, wie etwa das sogenannte Vier-Augen-Prinzip, gab es offenbar doch eine Lücke. Der 42-Jährige dürfte auch noch den richtigen Zeitpunkt ausgenutzt haben – denn er verschaffte sich bei seinem Coup insgesamt 13 Tage Vorsprung.

Mit kühler Berechnung und Planung am Werk

Der 42-Jährige schlug am 23. Dezember 2014 im Auszählraum beim Bargeldzählen zu. Dabei dürfte er kaum spontan gehandelt haben – sondern mit kühler Berechnung und Planung. Er schmuggelte die abgezweigten Bündel nicht einfach nach draußen, sondern deponierte sie erst einmal in einem Versteck. Als die Luft rein und niemand mehr anwesend war, ließ er die Beute verschwinden. Wie eine Art Weihnachtsgeschenk, am Tag vor Heiligabend. Denn bis 5. Januar 2015, nach Ende der allgemeinen Weihnachtsurlaubszeit, würde niemand etwas bemerken. Und so war es dann auch.

„Nach den bisherigen Ermittlungen dürfte der Beschuldigte am zweiten Weihnachtsfeiertag untergetaucht sein“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski. Es sei anzunehmen, dass er sich im Ausland aufhalte. Allerdings ist die internationale Anfrage, mit welchem Flieger er unterwegs war, noch nicht beantwortet. Aus dem Umfeld des Mannes aus Besigheim heißt es, dass er sich womöglich nach Ostafrika abgesetzt hat. In einem Staat mit einem Bruttoinlandsprodukt von über 41 Millionen US-Dollar, was 977 US-Dollar pro Einwohner entspricht. Der 42-Jährige dürfte den Schnitt heben.

Belohnung in Höhe von 5000 Euro ausgesetzt

Ob er das Geld aber dorthin mitgenommen hat, ob er es einfach nur verprassen oder in eine neue Existenz anlegen will – das bleibt vorerst unklar. Über unauffällige Anlageformen dürfte sich der Bankfachmann wohl ebenfalls schon Gedanken gemacht haben. Zeit für eine Umsetzung hatte er reichlich dazu. Klar ist jedenfalls, dass sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung des 42-Jährigen führen, eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro einbringen können. Diesen Betrag hat die Bank ausgesetzt. Hinweise nimmt die Kripo unter der Rufnummer 07 11 / 89 90 - 57 78 entgegen.

Der 42-Jährige hat freilich nicht die größte Beute eines untreuen Mitarbeiters mitgehen lassen. Vor über zehn Jahren war es ein 24-jähriger Buchhalter eines Stuttgarter Baukonzerns, der sechs Millionen Euro abzweigte – ohne dass dies zunächst aufgefallen wäre. Das Geld floss unter anderem in 18 Luxusautos und in Villen auf Mallorca. Über die Motive des untreuen Buchhalters war später vor Gericht nicht viel zu erfahren. Er habe „viel privaten Stress“ mit der Mutter, mit der Familie gehabt, dazu Ärger mit dem Vermieter und seinem Ausbildungsbetrieb, er sei „schon immer ein Autofreak“ gewesen, habe aber „im Prinzip“ kein Geld gehabt. Der Multimillionär auf Zeit wurde damals zu über fünf Jahren Haft verurteilt.