Zwei Betrüger stehen vor dem Landgericht Stuttgart Foto: dpa

Weil sie alte Menschen mit dem Enkeltrick um 129 000 Euro betrogen haben sollen, stehen zwei Männer vor dem Landgericht Stuttgart.

Weil sie alte Menschen mit dem Enkeltrick um 129 000 Euro betrogen haben sollen, stehen zwei Männer vor dem Landgericht Stuttgart.

Stuttgart - „Hallo Opa, ich bin’s.“ Ein harmloser Anruf des Enkels beim Großvater? Nein, ein Anruf eines sogenannten Keilers, der in Polen sitzt und der den fast 90-Jährigen um einen Teil seiner Ersparnisse bringen will. Es klappt. Der Keiler, sprich der Anrufer, instruiert die Abholer. Das betagte Opfer glaubt, sein Enkel stecke kurzfristig in finanziellen Nöten. Der Senior hebt 10 000 Euro von seinem Sparkonto ab und übergibt das Geld einem angeblichen Freund seines angeblichen Enkels.

So geschehen Anfang Dezember 2005 in Bad Marienberg in Rheinland-Pfalz. Für diesen und einen weiteren, ebenso gelagerten Betrug, bei dem die Täter eine 90-jährige Frau um 9000 Euro brachten, ist Jan L. vom Amtsgericht Montabaur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Jetzt steht er erneut vor Gericht. Und wieder geht es um den berüchtigten Enkeltrick.

Der Staatsanwalt wirft dem inzwischen 41-Jährigen vor der 16. Strafkammer des Landgerichts 22 Betrugstaten vor. Er soll als Abholer betagte Damen aus Süddeutschland zwischen Dezember 2010 und Juni 2013 um 129 000 Euro betrogen haben. Allein in Stuttgart und Ludwigsburg sollen die Enkeltrickbetrüger mehr als 100 000 Euro ergaunert haben.

Ursprünglich saßen zwei Männer gleichen Familiennamens auf der Anklagebank. Doch bereits am ersten Prozesstag hatte der 37-jährige Mann aus Warschau ein Geständnis abgelegt. Er sei nur an einer Tat beteiligt gewesen, die Anklage stimme aber. Trotz dem übereinstimmenden Nachnamen sei er aber nicht mit dem 41-Jährigen verwandt. Der 37-Jährige bekommt Bewährung.

Dass die Burschen, die einer ethnischen Minderheit angehören, die man früher Landfahrer nannte, familiär nicht verbandelt sind, muss man nicht glauben. In mehreren Polizeirevieren im ganzen Bundesgebiet, in der Schweiz und in Österreich hängt ein Stammbaum der weitverzweigten Familie L. Ihr Oberhaupt Arkadiusz L., der von seinen Leuten respektvoll Hoss genannt wird, gilt als Erfinder des Enkeltricks in Europa. Der Mittvierziger zieht die Fäden von Polen aus, Er ist für die Polizei nicht greifbar. Arkadiusz L. soll Millionen mit dem skrupellosen Betrug älterer Menschen verdient haben. Er führt ein Leben in Luxus.

Die Angeklagten im Stuttgarter Fall stammen ebenfalls aus Polen und sind nach eigener Aussage Söhne von Teppichhändlern aus Warschau und Posen. Apropos Teppiche: Clanchef Hoss soll beim Teppichbetrug, bei dem er billige Plastikware als angeblich teure Orientteppiche verscherbelte, auf den Enkeltrick gekommen sein. 1999 soll er einen alten Herrn in Hamburg angerufen haben, um ihm ein Stück wertlose Auslegware anzudrehen. Der Senior wollte nicht glauben, dass ihn ein Teppichhändler anruft. Er dachte, sein Enkel Jürgen sei am Telefon. Arkadiusz L. sattelte von Teppichen auf den Enkeltrick um.