Abeba Ghebretinsae, Yvonne Zetlmeisl und Silke Hachenberg (von links) freuen sich auf neue Gäste des Betreuungsangebots. Foto: Rebecca Stahlberg

Erkrankt ein Mensch an Demenz, kümmern sich die Angehörigen oft 24 Stunden um ihn. Damit man als Pflegender auch mal eine Auszeit bekommt, gibt es Betreuungsangebote. Der Verein Wohnvielfalt hat ein solches nun in Bad Cannstatt gestartet.

Bad Cannstatt - Das Krankheitsbild Demenz ist heimtückisch. Die Betroffenen verlieren nach und nach ihr Denkvermögen, ihre Sprache, ihre Beweglichkeit – sie verlieren sich selbst. Für pflegende Angehörige ist die Situation meist schwierig und kräftezehrend. Der Verein Wohnvielfalt hat nun eine neue Betreuungsgruppe für Menschen mit kognitiven Einschränken gegründet. Immer mittwochs können Erkrankte dort einige Stunden in Eins-zu-eins-Betreuung verbringen. Die Angehörigen haben in dieser Zeit die Gelegenheit, Einkäufe, Termine und Arztbesuche zu erledigen – oder einfach mal ein wenig auszuspannen. „Und das ohne schlechtes Gewissen“, sagt Silke Hachenberg vom Verein Wohnvielfalt.

Das Angebot wird mit der Pflegekasse verrechnet

„Eine Demenz kann sehr anstrengend sein, das bringt sie einfach mit sich“, sagt Hachenberg. Man wolle den Gästen einen schönen Nachmittag bieten und den Angehörigen Freiraum geben. „Man braucht einfach mal Luft. Das ist nicht verwerflich.“ Das Angebot ist immer mittwochs von 15 bis 18 Uhr im Nachbarschaftstreff Hallschlag am Römerkastell 73. Es gibt einen Fahrdienst; die Räume sind barrierefrei erreichbar. Ein Nachmittag kostet 22 Euro. „Das wird mit der Pflegekasse verrechnet, wir sind ein anerkanntes niederschwelliges Betreuungsangebot“, erklärt Hachenberg. Da es eine Zusatzleistung sei, werde das Pflegegeld nicht angetastet.

Die Betreuungsgruppe bietet zunächst Platz für sechs Gäste. Neben der Altenpflegerin Yvonne Zetlmeisl ist jeweils pro Erkranktem ein sogenannter Wegbegleiter da. Diese Ehrenamtlichen haben sich im Umgang mit Demenzkranken schulen lassen. Es soll aber nicht das Gefühl aufkommen, dass es „den Betreuer und den Kranken“ gibt, erklärt Hachenberg. „Es soll eine Gemeinschaft sein, die zusammen gesellige Stunden erlebt.“ Zu Beginn werde man mit einer Kaffeerunde samt Kuchen starten oder auch mal frische Waffeln backen, sagt Zetlmeisl. „Bei schönem Wetter gehen wir auf jeden Fall hinaus ins Freie.“ Geplant seien außerdem Bewegungs- und Gedächtnisspiele sowie Kreativangebote.

Wieder zu Kräften kommen

Viele Angehörige warteten zu lange, bevor sie Hilfe in Anspruch nähmen, sagt Hachenberg. „Das ist nicht gut. Man muss irgendwann die Tankstelle wieder auffüllen, sinngemäß, und wieder zu Kräften kommen.“ Diese Möglichkeit schaffe man durch das Angebot. In Esslingen-Mettingen bietet der Verein bereits seit Längerem eine solche Gruppe an. Dort habe man sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Gruppe trifft sich immer freitags und trägt den Namen „Frei-Tag“ – ein Wortspiel, um auf den freien Tag hinzudeuten, den die Angehörigen bekommen.

Wer unsicher ist, ob die Betreuungsgruppe in Frage kommt, kann zu einem unverbindlichen Schnuppernachmittag vorbeikommen und die Betreuer und die Räumlichkeiten kennenlernen. Fragen beantwortet Silke Hachenberg unter Telefon 65 69 60 32 sowie per E-Mail an info@wohnvielfalt.de.