Weglächeln kann Ursula von der Leyen das türkische Einreiseverbot für deutsche Abgeordnete nicht – bei ihrem Besuch in Ankara will sie mit Nachdruck auf Änderung dringen. Foto: dpa-Zentralbild

Bundestagsabgeordnete begleiten Ursula von der Leyens Türkeireise mit hohen Erwartungen: Die Ministerin soll ihnen den Weg für Besuche in Incirlik wieder frei machen.

Berlin - Ursula von der Leyens strahlendes Lächeln kann stählerne Qualität annehmen. Diese mimische Fähigkeit hat die Verteidigungsministerin an diesem Freitag bei ihrer Reise zu den Bundeswehrsoldaten am türkischen Küstenstandort Incirlik und noch mehr bei ihrem Besuch bei der Regierung in Ankara gewiss gut gebrauchen können. Die Türkei hatte von der Leyens Staatssekretär Ralf Brauksiepe samt einem Tross von Parlamentariern mit ihrem Reisewunsch auflaufen lassen, daraufhin kündigte die Ministerin selbst demonstrativ eine Visite an.

Doppelstrategie für den Umgang mit der Türkei

Das Ziel der ministeriellen Reise ist, den Abgeordneten des Bundestags wieder ungehinderten Zugang zu den in der Türkei eingesetzten Bundeswehrsoldaten zu gewähren. Diplomatisch in der Form, aber hart in der Sache werde Ursula von der Leyen darauf beharren, dass die Reisemöglichkeiten für Parlamentarier wiederhergestellt und der Bann gegen deutsche Abgeordnete aufgehoben werde. „Die Ministerin hat klargemacht, dass dies ein wichtiger Punkt ist, den sie immer wieder mit Nachdruck thematisieren wird, solange es notwendig ist“, sagte ihr Sprecher Jens Flosdorff in Berlin.

Das gelte für diese Reise genauso wie schon für das Kondolenz-Telefonat nach dem Terroranschlag auf den Flughafen von Istanbul, und wenn es nötig werden sollte, werde die Gesprächsreihe fortgesetzt und etwa ein bilaterales Treffen beim Nato-Gipfel in Warschau genutzt, um „wieder auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen“.

Ganz sicher scheint das Verteidigungsministerium noch nicht zu sein, dass die türkische Regierung sofort beidrehen wird. Parlamentarier aller Fraktionen pochen auf eine rasche Wende. Deshalb hat die Ministerin sich anscheinend eine Doppelstrategie zurechtgelegt: lächeln und loben, aber auch fordern und drängen.

Bei dem 240 Mann starken Kontingent der Aufklärungs-Tornados in Incirlik lobte von der Leyen denn auch unüberhörbar die Kooperation. „Die Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, aber auch mit den türkischen Gastgebern ist sehr eng und vertrauensvoll“, betonte sie. Das Fordern und Drängen hingegen ist hinter die Kulissen in Ankara verlagert.

Weglächeln und Aussitzen klappt diesmal nicht

Nach wie vor drohen auch Koalitionsabgeordnete damit, den Bundeswehreinsatz in der  Türkei platzen zu lassen, wenn die Reisefreiheit nicht wiederhergestellt wird. Rainer Arnold (SPD) nimmt von der Leyen gegen Kritik in Schutz, dass sie schon bei dieser Visite Abgeordnete hätte mitnehmen müssen. Das Vorgehen stuft er als „kluge Entscheidung“ ein. „Alles andere hätte die Gespräche nur belastet, und mir kommt es nicht auf eine Demonstration, sondern auf das Ergebnis an“, sagte er. „Aber die Ministerin muss die klare Zusage mitbringen, dass Bundestagsabgeordnete, wie in der Vergangenheit, die Truppen jederzeit besuchen können. Bleibt es bei der Weigerung, schadet die Türkei ihren eigenen Interessen und schwächt die Verteidigungsbereitschaft der Nato“, klagt Arnold.

Agnieszka Brugger (Grüne) hätte es begrüßt, wenn von der Leyen gleich Abgeordnete eingeladen hätte. „Das wäre ein noch klareres Zeichen gewesen, dass Reisen von Parlamentariern eine Selbstverständlichkeit sind.“ Wichtiger sei jedoch das Ergebnis: „Nach der Reise muss klar sein, dass in der Türkei wieder Reisefreiheit für Parlamentarier und Journalisten gilt.“