Seit Freitagabend ist die Volksbühne besetzt. Foto: dpa

Die Besetzer der Volksbühne Berlin bitten um Staubsauger, die Politik weiß nicht weiter. Ist das jetzt Drama oder Komödie?

Berlin - Es läuft schlecht für Berlins Regierenden Bürgermeister – den Volksentscheid über den Flughafen Tegel hat Michael Müller verloren, und seine SPD ist in Berlin noch weit hinter den Bundesgenossen gelandet. Mit der Berliner Volksbühne hat das auf den ersten Blick wenig zu tun. Andererseits: Seit Freitagabend befindet sich das Theater in der Hand von Besetzern – politischer als im Moment ist es im Theater am Rosa-Luxemburg-Platz lange nicht mehr zugegangen.

Nun bahnt sich ein landespolitischer Konflikt um die Aktion an. Während Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) die erste Nacht der Besetzung bis in den Morgen hinein selbst in der Volksbühne verbracht hatte, schlägt Michael Müller einen anderen Ton an. „Die Besetzung muss beendet werden“, sagte der Regierungschef am Montagabend. Damit könnte die Volksbühne zu einem Schauplatz für einen Konflikt mit der Linkspartei werden. Mit der will Müller nämlich künftig erklärtermaßen die Auseinandersetzung suchen, um das eigene Profil zu schärfen. Das ist seine Konsequenz aus dem desaströsen Wahlergebnis, bei dem die Linke in Berlin Gewinne verbuchte.

Die Volksbühne ist nur ein Vehikel

Zu den Konfliktfeldern gehört die Debatte über Gentrifizierung und Wohnungspolitik in der wachsenden Stadt – und hier kommt die Volksbühne ins Spiel. Denn die Besetzer stammen weniger aus der Theaterszene als vielmehr aus dem Reservoir der kapitalismuskritischen Gentrifizierungsgegner. Für sie steht die Volksbühne mit ihrem neuen Intendanten Chris Dercon, den sie als Protagonisten einer Kommerzialisierung von Kunst sehen, für den Ausverkauf der Stadt. Der Streit über dessen künstlerische Arbeit, die noch nicht einmal richtig angefangen hat, ist offensichtlich nur ein Vehikel der Aktivisten, um Aufmerksamkeit auf der politischen Bühne zu erringen – ein Theater zu räumen ist politisch deutlich schlechter vermittelbar als eine private Immobilie.

Nun hat Berlin eine Hängepartie mehr, die man nicht leicht wird beenden können. Aber verhindern, das wäre möglich gewesen: Schon Tage zuvor war die bevorstehende Aktion gerüchteweise bekannt, auch die Leitung des Theaters wusste davon. Trotzdem konnten die Besetzer am Nachmittag durch geöffnete Türen das denkmalgeschützte Haus betreten. Zwar kritisierte der Kultursenator die Aktion schon wenige Stunden nach Beginn, weil sie nicht demokratisch legitimiert sei. Die seitdem laufend geführten Gespräche führen jedoch bisher zu keinem Ergebnis.

Regierender fordert Ende der Besetzung

Am Montagabend verschärfte Lederer deshalb den Ton etwas – und forderte die Besetzer auf, ihren stadtpolitischen Forderungen anderswo Ausdruck zu verleihen. Er setze weiter auf „Deeskalation statt Konfrontation“, so Lederer, die Sicherheit aller Menschen im Theater solle gewährleistet sein. Chris Dercon, der selbst immer wieder in dem besetzten Theater unterwegs ist, hatte zuvor die Politik aufgefordert „ihrer Verantwortung nachzukommen“. Dies gab der Regierende Bürgermeister Müller jedoch zurück: Der Intendant müsse jetzt seine Verantwortung als Hausherr annehmen, so Müller.

Wie es konkret weitergehen soll, war auch am Dienstag unklar. Während die Besetzer am Dienstag im Internet ihren neuen „Spielplan“ veröffentlichten und um Staubsauger, Kabel und Lebensmittel baten, war die Volksbühne auch Thema im Senat. Beschlüsse gab es offenbar nicht. „Es wird gesprochen und verhandelt“, sagte die Vizeregierungschefin Ramona Pop (Grüne). Gespielt wird an der Volksbühne derzeit nicht, aber geprobt; für die erste Premiere am 11. November müssen nun Proben abgesagt werden.