1200 Schüler lernen an der Berliner Polizeiakademie. Foto: dpa

Vorstrafen, schlechte Deutschkenntnisse, kein Benehmen: Eine Sprachnachricht mit Pauschalkritik an Migranten auf der Polizeiakademie sorgt für gehörige Aufregung. Belegen lassen sich die Vorwürfe allerdings nur schwer.

Berlin - Vorstrafen, schlechte Deutschkenntnisse, kein Benehmen – sieht so der Hauptstadtpolizist von morgen aus? So klingen Vorwürfe, mit denen sich seit dieser Woche Berlins Polizei beschäftigen muss. Inzwischen ist die Debatte in der Politik angelangt – die Opposition fordert den Innensenator zum Eingreifen auf.

Dabei wirft schon der Auslöser der Debatte bei näherer Betrachtung Fragen auf. Mitte der Woche geriet die Sprachnachricht eines Mannes an die Öffentlichkeit, der in Medienberichten als Polizeiausbilder bezeichnet wurde. In dem Wutanruf sagt der Mann unter anderem: „Ich hab Unterricht gehalten an der Polizeischule. Ich hab noch nie so was erlebt, der Klassenraum sah aus wie Sau, die Hälfte Araber und Türken, frech wie Sau. Dumm. Konnten sich nicht artikulieren.“ Deutschen Kollegen seien Schläge angedroht worden. „Das sind keine Kollegen, das ist der Feind. Das ist der Feind in unseren Reihen.“ Inzwischen hat die Polizei die Identität des Mannes geklärt: „Er ist Sanitäter und stand als Gastdozent zum ersten Mal vor einer Polizeiklasse“, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf. Es habe einen Konflikt mit einem 16-jährigen Schüler wegen dessen Baseballkappe gegeben, der Schüler sei ausfällig geworden. Die Behauptung, Lehrern seien Schläge angedroht worden, habe der Mann nicht aufrechterhalten.

Die Polizei wehrt sich gegen unbestätigte Gerüchte

Allerdings ist ein weiteres, anonymes Schreiben aufgetaucht, das ähnliche Vorwürfe erhebt und gezielt Migranten angreift. Darin heißt es auch, die berüchtigten kriminellen arabischen Großfamilien versuchten, die Polizei zu unterwandern. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Burkhard Dregger, sagt, diese Gefahr müsse ernst genommen werden. Der Polizeisprecher weist dagegen den Verdacht als abwegig zurück. Es gebe einzelne Bewerber, die Jahre vor Ausbildungsbeginn Kleinstdelikte wie Sachbeschädigung begangen hätten. Jeder Fall werde genau betrachtet. Wer in der Ausbildung straffällig werde, fliege aus der Schule. Natürlich gebe es wie an jeder Schule Reibereien und auch Disziplinprobleme – aber die Schule sei dafür da, auszubilden. Es sei traurig, wie hier Schüler mit Migrationshintergrund diskreditiert würden. „Nur weil jemand den Nachnamen einer bestimmten Familie trägt, ist er nicht kriminell veranlagt.“

Auch Polizeischüler wie Oguzhan Tamtürk sind perplex über die Debatte. „Wir geben Leib und Seele für diesen Beruf, und da als Feind betitelt zu werden, ist nicht schön“, sagt er. Tamtürk sitzt in einer der Klassen der Akademie, in der 1200 junge Menschen lernen. Die Polizei hat kurzfristig Journalisten dazu eingeladen, sich ein Bild zu machen. Unter den Schülern herrscht eine Mischung aus Unverständnis und Ärger. „Wir sind Kollegen“, sagt einer. Ein anderer: „Wir haben solche Behauptungen nur in den Medien mitbekommen.“ Am Freitag meldete sich der Innensenator Andreas Geisel (SPD) zu Wort: Er nehme die Vorwürfe ernst und habe die Führung aufgefordert, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Im Augenblick gebe es nur Gerüchte, deren Wahrheitsgehalt unklar sei. Geisel nahm die Auszubildenden in Schutz und sagte, er zweifle nicht an ihrer Integrität.

Wenn man nachhakt, relativiert sich alles

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erklärte, sie habe zwar in der Vergangenheit ähnliche Aussagen erhalten, meist über Chats. Bisher habe sich jedoch trotz Gesprächsangebots niemand persönlich gemeldet. Alles, was man erfahre, sei Hörensagen. Hake man nach, dann relativierten sich die Schilderungen. Die Gewerkschaft betonte, der Anteil von Migranten sei seit Jahren gleich. In den Dienststellen würden sie als Bereicherung gesehen, und es gebe von dort keine vergleichbaren Schilderungen.