Ein Auszubildender setzt in Sindelfingen eine Schweißnaht                                        Foto: dpa

Mit dem Start in die Berufswelt kommt auf Auszubildende viel Neues zu: Wie ticken die Kollegen? Wie geht man mit Kunden um?

Stuttgart - Auch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt – lautet eine chinesische Weisheit. Dies gilt auch für den Weg von der Schule in die Berufsausbildung. Wer offen auf andere zugeht, hat es mitunter leichter. „Ich frage lieber öfter mal nach, wenn was nicht klar ist, denn man will es ja richtig machen“, sagt Max Windeisen. Der 17-Jährige hat vor wenigen Wochen beim Hemdenhersteller Olymp in Bietigheim-Bissingen seine Ausbildung zum Industriekaufmann begonnen. Das hat seinen Alltag umgekrempelt. Arbeit und Berufsschule, an manchen Abenden noch Fußball und Fahrschule. „Ich bin müder als in der Schulzeit und gehe auch früher ins Bett“, sagt er.

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Auch Jannik Hoffmann, der mittlerweile im zweiten Lehrjahr ist, musste sich erst mal an den Arbeitsalltag gewöhnen. Die Arbeitszeit sei länger als ein Schultag und es gebe nicht so viele Pausen, nennt der 19-Jährige als Beispiel. Klar hat er sich längst darauf eingestellt. Ein gutes Betriebsklima erleichtert vieles bei den ersten Schritten in der Arbeitswelt. Und wenn der Azubi auch noch das Gefühl vermittelt bekommt, dass er willkommen ist und gebraucht wird, motiviere das die jungen Leute noch, sind sich Personalchefs einig.

Die Azubis können das bestätigen. Als Azubi werde man mit eingebunden und nicht wie ein Hilfsarbeiter behandelt, so die Erfahrung von Jannik Hoffmann. Auch das persönliche Feedback sei wichtig, sagt Elke Feuerbacher, die als Personalleiterin bei Olymp auch für die Auszubildenden zuständig ist. Einerseits werden die Azubis bewertet, andererseits läuft es auch umgekehrt: Lehrlinge geben beim Abteilungswechsel ebenfalls eine Beurteilung ab. Und bei den Azubi-Meetings, die alle zwei Wochen stattfinden, geht es um aktuelle Themen und den gegenseitigen Austausch. Dass die Azubis schon vor dem Start der Ausbildung zu einem Kennenlern-Treffen eingeladen wurden, findet Max Windeisen sehr hilfreich. „Da war schnell das Eis gebrochen.“


Sina Maier, die mittlerweile im dritten Lehrjahr als angehende Industriekauffrau bei Olymp ist, findet, man habe als Azubi auch mehr Verantwortung für das eigene Handeln. Gleichzeitig habe die Ausbildung einen schönen Nebeneffekt: Man habe mehr Geld zur Verfügung als früher, sagt die 22-Jährige. Sie finanziert sich beispielsweise mit dem Ausbildungsgehalt ihr Auto.

Viele Themen rücken bei den jungen Leuten ins Bewusstsein, wenn man sie die Schulbank mit Büro oder Werkbank tauschen, denn die Ausbildung bringt mehr als das eigene Einkommen mit sich. Das Geld will ja auch gut angelegt sein. Und wenn der künftige Chef und der Staat mitmachen, spart es sich einfacher. Viele Azubis haben Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Es geht nicht nur um Finanzen, auch um Versicherungen, Ausbildungsvertrag, Probezeit oder auch Krankheitsfall – auch darüber haben sich die jungen Leute Gedanken gemacht. „Das wurde uns am ersten Tag im Betrieb ganz gut erklärt“, sagt Maier. Andere haben sich schon mit den Eltern Gedanken gemacht.

Auch für Andreas Loy, der beim Hebe- und Arbeitsbühnenspezialist Mateco in Stuttgart eine Ausbildung zum Bürokaufmann macht, hat sich einiges verändert. Klar geht man erst mal vorsichtig auf Kollegen zu. „Doch der Einstieg war einfach, weil es ihm die Kollegen leicht gemacht haben.“ Der 17-Jährige spricht von einem angenehmen Arbeitsklima. „Ich hab’s gut erwischt“, sagt er, und denkt an manch negative Erfahrungen von Azubis, die er aus der Berufsschule kennt und die sich nur als billige Arbeitskraft ausgenutzt fühlen. Er dagegen fühlt sich ernst genommen von den Kollegen.

Klar gehen einem etliche Gedanken durch den Kopf, wenn man als Neuling in eine Firma kommt. Duzen oder Siezen? Kollegen, die er nicht kenne, sieze er erst einmal, sagt Loy – es sei denn, sie bieten ihm das Du an. Die Azubis unter sich freilich gehen gleich aufs lockere Du über. Aber bei vielen Fragen verlässt sich Loy auf sein Bauchgefühl und liegt meist richtig.


Bei Mateco hat er schon mehrere Abteilungen durchlaufen. Highlight in der Marketingabteilung war für ihn etwa der Besuch der Nürnberger Spielwarenmesse, wie er sagt. Gut findet er auch die Azubi-Workshops. Im letzten Jahr etwa ging es zwei Tage nach Berlin – samt Ausflug in die Unterwelt , also die alten Luftschutzbunker aus dem zweiten Weltkrieg. Solche Projekttage dienten der Teambildung, sagt Ausbildungsleiterin Tanja Grimm. Zudem müsse man als Differenzierung zu den vielen großen und namhaften Ausbildungsbetrieben in Stuttgart als Mittelständler auch etwas bieten, um für die Auszubildenden attraktiv zu sein.

Freilich versucht man auch, auf Wünsche der Azubis einzugehen, was den Durchlauf im Unternehmen angeht. Da könne man als Mittelständler oft individueller drauf eingehen als ein Konzern, findet Grimm. Ihr ist auch wichtig, dass die jungen Leute bestimmte Wertvorstellungen haben – dazu zählt sie Eigenschaften wie gutes Benehmen, Ordentlichkeit oder beispielsweise Zuverlässigkeit. Denn die Azubis müssen auch ins Unternehmen passen.

Bei Andreas Loy hat es gepasst. Er ist auch einer auch auf andere zugehen kann. „Lieber mal nachfragen, dass man weiß woran man ist“, sagt er. Wie bei Olymp gibt es auch bei Mateco gegenseitige Beurteilungsgespräche. Und was schätzt er noch in Sachen Ausbildung? „Dass die Arbeitszeiten flexibler sind als in Schule“, sagt er spontan. Er hat schließlich Gleitzeit.