Von Claudia Lepping Berliner Redaktion BERLIN. Der Herr Doktor hat sich erledigt. Auf

Berlin - Der Herr Doktor hat sich erledigt. Auf der Homepage des nordrhein-westfälischen CDU-Bundestagsabgeordneten Dieter Jasper ist der Titel getilgt. Keine Zier mehr, nirgends - nur schaler Beigeschmack.

Jasper kann allein für sich beanspruchen, einem im deutschen Parlament einzigartigen Vorgang seinen Namen zu leihen. Denn er steht im Verdacht, mit einem falschen Doktortitel den Ausgang der Bundestagswahl im Wahlkreis Steinfurt III zu seinen Gunsten verfälscht zu haben. Bis Anfang der Woche wird Bundestagspräsident Norbert Lammert entscheiden, ob er den Wahlprüfungsausschuss anruft. Der wiederum erörtert, ob in Steinfurt neu gewählt wird.

Mit etwas über 2000 Stimmen Vorsprung hatte Dr. Dieter Jasper gewonnen. Als Mann der Wirtschaft, der nach immerhin sieben Jahren BWL-Studium Unternehmensberater wurde und im familieneigenen Handwerksbetrieb landete, hatte der 47-Jährige um die Gunst der Wähler geworben. Heute arbeitet er im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Technologie. Für eine Stellungnahme ist er nicht bereit. Auch lässt er offen, ob er je eine Promotionsarbeit verfasst hat. Fraktionschef Volker Kauder schweigt ebenfalls, allerdings erwarten seine Kollegen, dass er hart durchgreift. Denn Jasper hat dem Kreisverband-Vorstand gebeichtet: "Der Fehler war, dass ich zu leichtgläubig war und nicht genug nachgefragt habe." Von Vorsatz will er nichts wissen, das wäre Titelmissbrauch - und eine Straftat. Vielmehr sei er naiv gewesen und Betrügern aufgesessen. "Wenn er den Titel erkauft oder erschlichen hat und die Wähler mit akademischen Verdiensten täuschte, ist das gravierend, zumal sein Vorsprung bei der Wahl so knapp war", sagt Michael Hartmann, SPD-Abgeordneter im Wahlprüfungsausschuss. Der Bundestagsverwaltung angezeigt wurde der Fall von Bürgern und Mitbewerbern seines Wahlkreises, Jaspers unterlegenen Gegnern.

Dass sich im Eitelkeit fördernden Berliner Politikbetrieb immer wieder Blender produzieren, ist keinem Abgeordneten fremd. Sehr wohl ist dieser Fall ein Novum. Der vermeintliche Doktortitel Jaspers stammt von der Freien Universität Teufen in der Schweiz. Der Begriff Universität ist dort nicht geschützt, wiewohl das umstrittene Institut Promotionsurkunden ausstellt. Für teures Geld gebe es hier schnell den entsprechenden Titel, sagen Experten des Deutschen Hochschulverbands. Von wissenschaftlichem Renommee könne keine Rede sein.

Muss Jasper nun sein Bundestagsmandat zurückgeben, weil er seinen Wählern dünkelbesessen Kompetenz vorgetäuscht hat? Die Zwei-Monats-Frist, binnen derer die Wahl anzufechten war, ist verstrichen. Lammert ist es vorbehalten, einen weiteren Monat nach Bekanntwerden möglicher unlauterer Umstände den Wahlprüfungsausschuss anzurufen. Experten indes glauben nicht an eine erfolgreiche Wahlanfechtung. Denn dabei müsste belegt werden, dass Jasper ohne Doktortitel unterlegen und der Bundestag in Mandaten und Personen heute anders zusammengesetzt wäre.