Jürgen Daiß kurvt seit 20 Jahren durch den Bezirk. Foto: Cedric Rehman

Jürgen Daiß ist 20 Jahre als Fahrer der Linie 66 im Bezirk unterwegs. Der Busfahrer ist auf Du und Du mit vielen Fahrgästen und kümmert sich um das Wohl von Senioren.

Sillenbuch - Grüßgottle ist so ein Wort, das es bei Jürgen Daiß im Abonnement zu geben scheint. Die Freundlichkeit wird von den Fahrgästen erwidert – nicht nur mit einer Begrüßung auf Schwäbisch, sondern auch mit einem „Hallo Jürgen“. Als wäre der Busfahrer der Linie 66 ein Nachbar, der sich für einen Schwatz gern über den Zaun lehnt. Oder eben ein guter Freund. Jürgen Daiß reagiert ganz bescheiden auf die Frage, woran es liege, dass viele seiner Fahrgäste und er so gut miteinander können. Das sei eben in Sillenbuch so die Art, meint er und erzählt eine Anekdote. „Einmal sind zwei Frauen zugestiegen. Die waren ganz erstaunt und meinten, wo sind sie denn. Hier wären die Leute so nett“, erzählt Jürgen Daiß. Der Busfahrer attestiert dem Bezirk eine Freundlichkeit, die sonst selten geworden sei, meint er.

Es klingt so, als müsse Daiß nichts anderes tun, als diese Haltung zu spiegeln. Auf die Frage, welches die wichtigste Voraussetzung für jeden sei, der Busfahrer werden will, meint er dann auch, dass er oder sie den Fahrgästen offen entgegentreten muss. Es aber nur so zu nehmen, wie es ist, reiche dann aber auch nicht aus. „Eine freundliche Art ist ganz wichtig, wenn du es mit Menschen zu tun hast“, sagt Daiß.

Von den älteren Gebäuden begeistert

Der Busfahrer kurvt nun schon seit 20 Jahren durch den Bezirk. Von Alt-Sillenbuch führt den 57-Jährigen seine Strecke Richtung Riedenberg zum Geschwister-Scholl-Gymnasium und von dort wieder zurück in den Kern Sillenbuchs. Eintönig sei ihm das auch nach zwei Jahrzehnten nicht geworden, meint der Busfahrer. Ihm würden besonders die Gebäude älterer Bauzeit in Alt-Sillenbuch gefallen, sagt er.

Eine Erklärung dafür, warum Jürgen Daiß nie langweilig wird, könnten auch die Fahrgäste sein, die auf der Strecke zusteigen. Der eine scherzt mit Daiß, bevor ein anderer ihn in ein Gespräch verwickelt. Daiß meint, dass er in den vergangenen Jahren viel Privates von seinen Fahrgästen erfahren hat. „Die Leute erzählen mir etwas und wenn sie das nächste Mal einsteigen, erzählen sie die Geschichte weiter“, sagt der Busfahrer.

Mehr als nur freundlich

So kam es wohl, dass Jürgen Daiß für viele zu einem Vertrauten geworden ist. Irgendwann hat er älteren Fahrgästen angeboten, sich ihre Nummer zu notieren. „Der Gedanke war, dass ich anrufe, wenn ich sie ein paar Tage nicht sehe“, meint er. Es passiere ja öfter, dass Senioren etwas zu Hause geschieht und sie niemanden haben, der weiß, dass sie in Schwierigkeiten sind. „Gott sei Dank musste ich nie jemanden anrufen“, meint Daiß. Dass ein solcher Service über eine freundliche Behandlung der Fahrgäste hinausgeht, scheint ihm nichts auszumachen. „Ich hab mich halt gefragt, was passiert, wenn etwas passiert.“

Bevor Daiß Busfahrer wurde, hat er verschiedene Berufe ausgeübt. Zunächst lernte er das Bäckerhandwerk. Später entschied er sich für einen beruflichen Neuanfang und machte eine Gaststätte in seiner Heimatstadt Welzheim auf. Schließlich fuhr er Lastwagen. „Wer Lastwagen fährt, kann auch Busfahren“, sagt Daiß. Viele seiner Berufe haben viel mit zwischenmenschlichen Kontakten zu tun. Das mache ihm mehr Spaß als im Büro zu sitzen. Er hofft, dass er auch künftig die Linie 66 fahren kann. Irgendwo anders eingesetzt zu werden, daran möchte er nicht denken, sagt er. Dennoch, nach Sillenbuch ziehen würde er nicht. In Welzheim sei er zu Hause, sagt Daiß. Und irgendwann hat auch ein beliebter Busfahrer eben Feierabend.