Behinderte Menschen bekommen ab 2015 mehr Rechte. Foto: Archiv

Die Reform hatte für Knatsch bei Grün-Rot gesorgt. Trotzdem konnte das Landesgleichstellungsgesetz noch im Zeitplan das Parlament passieren. Behinderte und ihre Vertreter bekommen von 2015 an mehr Rechte.

Stuttgart - Behinderte Menschen in Baden-Württemberg erhalten eine stärkere Interessensvertretung. Mit Stimmen von SPD, Grünen und CDU votierte der Landtag am Mittwoch für ein neues Gesetz zur Gleichstellung von Behinderten. Kern ist die Pflicht für die 44 Stadt- und Landkreise, entweder einen haupt- oder ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten einzusetzen. „Mit dem neuen Gesetz ist die Freiwilligkeit vorbei“, sagte Sabine Wölfle von der SPD.

Baden-Württemberg ist nach Angaben des Sozialministeriums das bundesweit erste Land mit gesetzlicher Pflicht zur Einstellung von kommunalen Behindertenbeauftragten. Im Gesetz ist die Unabhängigkeit und der Beauftragten ebenso festgeschrieben wie ihre Anhörungs-, Stellungnahme- und Auskunftsrechte. Es tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.

Zuvor hatte es Streit zwischen dem Sozialministerium von Ressortchefin Katrin Altpeter (SPD) und dem Staatsministerium gegeben, nachdem Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sein Veto gegen die ursprünglichen Pläne eingelegt hatte, nur Hauptamtliche zuzulassen. Das Argument war damals, es gebe etliche Ehrenamtliche, die gut arbeiteten, aber keinen Hauptamtlichen-Status anstrebten.

Die FDP lehnte das Gesetz ab, weil die Finanzierung der Behindertenbeauftragten durch das Land innovativen Projekten zur Integration Behinderter (Inklusion) Mittel entziehe. Dies bestritt Altpeter: Das Geld für kommunale Behindertenbeauftragte in Höhe von etwa 2,8 Millionen Euro jährlich sei von Anfang an für diesen Zweck vorgesehen gewesen. Das Gesetz solle dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderungen selbstverständlich und in allen Bereichen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das Thema Fürsorge für Menschen mit Handicaps habe sich überholt, erläuterte Altpeter. Gerade auf der kommunalen Ebene sei wirksame Vertretung besonders wichtig, da dort die Entscheidungen getroffen werden, die den Alltag der Menschen betreffen, etwa beim Thema Barrierefreiheit.

Überdies ist im Gesetz ein unabhängiger Behindertenbeauftragter auf Landesebene, ein Landesbehindertenbeirat und ein erweitertes Verbandsklagerecht verankert. Zudem ist eine Beweislastumkehr vorgesehen: Das heißt, bei Beschwerden behinderter Menschen wegen Benachteiligung müssen die beschuldigten Behörden nachweisen, dass dies nicht der Fall ist. Altpeter meinte, das Gesetz könne kein Endpunkt sein, sondern Inklusion müsse „Begleiter bei allen politischen Vorhaben“ sein.