Eine deutsche Flagge weht auf Mallorca. Foto: dpa

Laut Eurostat gibt es seit 2007 dennoch immer weniger Eltern, die sich keinen Urlaub leisten können.

Berlin - Können sich die meisten Europäer eine Urlaubsreise leisten? Jedes Jahr fragt die europäische Statistikbehörde Eurostat nach den unterschiedlichen Lebensbedingungen und Einkommensunterschieden innerhalb der Europäischen Union. Der Urlaub ist ein Parameter von vielen, um die Verteilung des Wohlstands und Möglichkeiten sozialer Teilhabe in den einzelnen Ländern der Gemeinschaft zu messen. Jedes Jahr stellen die europäischen Statistiker EU-weit in 100 000 Haushalten allen darin lebenden Personen über 16 Jahren unter anderem die Frage, ob sie sich finanziell in der Lage sehen, sich einmal im Jahr einen einwöchigen Urlaub zu gönnen.

Die Antwort: „19,9 Prozent der Personen in Haushalten mit Kindern konnten es sich im Jahr 2016 nach eigenen Angaben nicht leisten, jährlich eine einwöchige Urlaubsreise zu unternehmen“, heißt es unter Verweis auf Eurostat in einer Antwort des Bundesfamilienministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linke-Abgeordneten Katja Kipping. Kipping betont: „Das heißt, jeder fünfte Haushalt mit Kindern in Deutschland muss die Schulferien zu Hause verbringen.“ Auch das sei eine Form von Armut und Ausgeschlossensein. Für Kipping ist klar, wer Schuld hat: „Die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung.“ Union und SPD hätten bei der Neuberechnung des Regelsatzes nicht dafür gesorgt, dass Ausgaben für Übernachtungen für Kinder in Hartz IV berücksichtigt werden.

Die Tendenz ist rückläufig

Allerdings lässt sich die EU-Statistik auch anders lesen. Seit 2007 ist nämlich der Anteil an Familien in Deutschland, die sich keinen Urlaub leisten können, in der Tendenz rückläufig. So waren es vor zehn Jahren noch 24,4 Prozent, im Jahr darauf sogar mehr als jeder Vierte der Befragten. Der für 2016 ermittelte Wert ist somit einer der niedrigsten seit einem Jahrzehnt.

Die Daten sind nicht nach Bundesländern aufgeschlüsselt. Unterschiede etwa zwischen Sachsen und Hamburg werden nicht gemacht. Grundlage der Befragung ist laut Eurostat ausschließlich die persönliche Einschätzung des Befragten. Es wird zudem weder ein bestimmtes Budget noch eine gewisse Jahreszeit für den Urlaub zugrunde gelegt. Auch die genaue Zahl der Kinder, die im Haushalt einer Familie leben, wird nicht gesondert berücksichtigt.

In anderen Ländern sind viele Menschen schlechter dran

Kritiker bemängeln ferner, dass nicht nach den Gründen gefragt wird, warum sich eine Familie keinen Urlaub leisten kann. So ist theoretisch auch denkbar, dass das Jahresbudget wegen des Kaufs einer Wohnimmobilie oder eines neuen Autos überstrapaziert ist. Im europäischen Vergleich steht Deutschland laut der EU-Statistik weit besser da als andere Länder der Gemeinschaft. EU-weit gaben zuletzt 34,4 Prozent an, nicht genug Geld für Urlaub zu haben – allerdings auch hier mit rückläufiger Tendenz. 2012 waren es noch 39,6 Prozent. Die jüngsten europaweiten Vergleichsdaten stammen noch von 2015, da für 2016 noch nicht alle Ergebnisse der 28 EU-Länder statistisch aufbereitet sind. Besser als in Deutschland schätzten 2015 lediglich die Menschen in Dänemark, Österreich, Luxemburg und den Niederlanden ihre derzeitige Lage ein.

In Bulgarien, Kroatien und Rumänien gaben indes jeweils mehr als 60 Prozent der Familien an, aus finanziellen Gründen auf Urlaub verzichten zu müssen. In den Euro-Krisenstaaten Griechenland und Portugal war es je die Hälfte der Haushalte.