Zwischen den Bäumen und Büschen ragt der Steg über den Abhang hinaus und gibt die Sicht in alle Richtungen frei. Foto: Hans-Dieter Wolz

Ausgerechnet beim Beschluss über den umstrittenen Aussichtssteg im Naturdenkmal Sieben Linden, auch Skywalk genannt, stimmten drei befangene Räte mit. Der Gemeinderat Kernen muss den Beschluss wiederholen.

Kernen - Für die Verwaltung und den Gemeinderat ist die neue Entwicklung zum geplanten Aussichtssteg im Naturdenkmal Sieben Linden etwas peinlich. Der umstrittene Beschluss, im Landschaftsschutzgebiet einen Aussichtssteg für die Remstal-Gartenschau zu bauen, ist, wie es scheint, rechtswidrig zustande gekommen. Die Abstimmung wird in der Gemeinderatssitzung am 12. Mai, voraussichtlich um 19 Uhr im Bürgerhaus, wiederholt.

Ein Sinneswandel bei Bürgermeister Stefan Altenberger steckt, wie es heißt, nicht dahinter. Nach wie vor will der Schultes das filigrane und pfiffig konstruierte Bauwerk aus dem Büro Schlaich Bergermann und Partner verwirklichen. Die Gegner des Stegs befürchten allerdings, dass er zu viele Besucher anzieht, Fauna und Flora im Gebiet stört. Sie haben begonnen, Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln.

Sechs örtliche Handwerker wollen für die Steg ihre Arbeitskraft unentgeltlich einbringen

In der Gemeinderatssitzung vom 17. März, als der Baubeschluss des Gartenschauprojekts getroffen wurde, waren drei Räte möglicherweise befangen. Wie berichtet, stellte die CDU-Fraktion während der Sitzung den Antrag, die Kosten des Stegs auf 100 000 Euro zu deckeln, da sechs örtliche Handwerker ihre Arbeitskraft unentgeltlich einbringen wollen. Namen wurden in der Sitzung nicht genannt. Zwei Drittel der Räte stimmten unter dieser Maßgabe für das Gartenschauprojekt.

Bürgermeister Stefan Altenberger und der Beigeordnete Horst Schaal legen Wert auf die Feststellung, dass die Verwaltung „weder vom Antrag noch von den beteiligten Firmen wusste, und keine unmittelbare Befangenheit einzelner Personen erkennbar war“. Dass zwei der genannten Unternehmer, Rainer Müller und Volker Borck, der den Hinweis auf die sechs örtlichen Handwerker erst gab, am Ratstisch saßen, hätte allenfalls vermutet werden können. Dass allerdings die OGL und PFB-Rat Eberhard Kögel in der Sitzung Aufklärung verlangen hatten, war ohne Wirkung verhallt: Kögels Wertung des Vorgangs schwankt jetzt „zwischen Lumperei und Komödienstadel“, wie er gestern sagte.

Kein finanzieller, aber ein ideeller Vorteil für die beteiligten Gemeinderäte

Gegner des Stegs haben bei den öffentlichen Veranstaltungen zur Vorbereitung des Bürgerbegehrens in der vergangenen Woche den inzwischen bekannten Sachverhalt aufgegriffen und den Gemeinderatsbeschlusses zurecht angezweifelt, wie eine Prüfung der Gemeindeverwaltung ergab. Ihr Ergebnis lautet, dass eine Befangenheit der Gemeinderäte Volker Borck, Rainer Müller (beide CDU) und Caren Lederer (UFW) rechtlich „nicht vollständig auszuschließen ist“. Auf Letztere trifft die Befangenheitsregelung zu, weil ihr Ehemann zu den großzügigen Unterstützern zählt. Zwar haben die Beteiligten, die sich beim Bau des Stegs ehrenamtlich einbringen wollen, keinen finanziellen, aber möglicherweise einen „ideellen“ Vorteil davon, sagt die Verwaltung. Das soll heißen, die Aktion könne vielleicht „ihr persönliches Ansehen oder das ihrer Firmen“ steigern. Räte haben nach Paragraf 18 der Gemeindeordnung auch in diesem Fall ein Mitwirkungsverbot an der Entscheidung.

Um rechtliche Bedenken gegen den Beschluss vom 17. März auszuräumen, hat sich Bürgermeister Stefan Altenberger dazu entschlossen, die Abstimmung in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 12. Mai, zu wiederholen. Die drei Räte sind dann aus der Runde ausgeschlossen.

Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren muss wiederholt werden

Konsequenzen hat das Verfahren auch für die Gegnerseite: So muss die bereits gestartete Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren „aller Voraussicht nach ebenfalls wiederholt werden“, bedauert Hauptamtsleiter Bernhard Bühler. Denn das Bürgerbegehren richtet sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, der dann auch korrekt bezeichnet werden muss. Die Drei-Monats-Frist, während der das Bürgerbegehren eingereicht werden muss, würde dann allerdings am 12. Mai neu starten.