Arnim Teutoburg-Weiß von den Beatseaks, die bei ihrem Konzert Stuttgart rockten Foto: dpa

Hinter dem Vorhang ertönt Bernd Kurtzkes geschrammelter Anfangs­akkord von „Summer“ – und wie auf ein unsichtbares Zeichen antworten 7000 Fans in der Stuttgarter Schleyerhalle lautstark mit „Beatsteaks!“. Der Vorhang fährt hoch, die Band legt los, Stuttgart liegt ihr zu Füßen.

Stuttgart - Auch wenn eine der besten Live-Bands Deutschlands auf Tour ist, kann sich Routine einschleichen. Die Beatsteaks um Arnim Teutoburg-Weiß wirken dagegen immer noch wie eine Bande lausbübischer Schuljungen, die das erste Mal in einer großen Halle stehen und gar nicht fassen können, was ihnen da gerade passiert.

Auf Rituale verzichtet die Band dabei auch in der Stuttgarter Schleyerhalle nicht. Hinter dem Vorhang ertönt Bernd Kurtzkes geschrammelter Anfangsakkord von „Summer“ – und wie auf ein unsichtbares Zeichen antworten 7000 Fans in der Halle lautstark mit „Beatsteaks!“. Der Vorhang fährt hoch, die Band legt los, Stuttgart liegt ihr zu Füßen. Weitere fixe Dialogpunkte zwischen Band und Publikum werden folgen – und werden ebenso begeistert zelebriert. Es ist deshalb äußerst symbolisch, dass sie mit „Summer“ eröffnen, einem Song, der wie das erst viel später gespielte „Let Me In“ in jenem Sommer 2002 geschrieben wurde, als die Berliner kurz vor ihrem Sprung von einer kleinen, lauten Punkrock-Band zum Massenphänomen standen.

Ihr aktuelles, selbstbetiteltes Album ging direkt auf die Eins in Deutschland, im Vergleich zu ihrem Gastspiel in der Ludwigsburger Arena vor bald vier Jahren sind heute Abend doppelt so viele Menschen hier. Das ist programmatisch für eine Band, die sich in ihrer Karriere zigmal gehäutet hat, dabei immer sie selbst geblieben ist. „A Real Paradise“ und „DNA“ von ebenjenem aktuellen Album folgen und untermauern diese These mit gut gelaunten Pop-Punk-Riffs und Alternative-Patina.

Zu einem „Endlich zu Hause“, lässt sich Teutoburg-Weiß, wie immer mit Hut, hinreißen, sogar zu einem soliden „Heiligs Blechle“. Das braucht es gar nicht, vor allem wenn sie Klassiker wie „Jane Became Insane“ anstimmen und dazu ihren Kronleuchter herunterfahren lassen. Einfache Mittel, große Wirkung – dieses Rezept gilt sowohl für die Show als auch für die Musik. Wirklich großartig, tiefgreifend und herausragend waren ihre Songs nämlich nie. Es lag immer schon an der Art und Weise ihrer Konzerte, die den Berlinern ihre Daseinsberechtigung verlieh.

Rituale gibt es auch gegen Ende des regulären Sets: „Hey du“ ist Peter Baumanns großer Auftritt, ein Mann allein mit seiner Gitarre und dem schnoddrigen Liebeslied, das wirkt erstaunlicherweise keineswegs sentimental, sondern überraschend bewegend. Sie haben eben ein Händchen für alles. Und für die Massen sowieso. Dass sich das gesamte Publikum bei einem Song hinsetzt und auf Kommando aufspringt, ist mittlerweile bei vielen Bands zu beobachten. Die Beatsteaks könnten das hingegen erfunden haben. Entsprechend gehen fast alle der 7000 Besucher in die Knie, um zum Refrain zu „Let Me In“ aufzuspringen und danach eigentlich gar nicht mehr stillzustehen, bis das Konzert nach dem ersten wirklich großen Hit „Hand In Hand“ vorbei ist. Zunächst, versteht sich.

Ein Beatsteaks-Konzert kann natürlich nicht ohne „Frieda und die Bomben“ vorübergehen, jenes aggressive, laute Cover von Fu Manchu, bei dem Teutoburg-Weiß die Rolle des Sängers an Kurtzke übergibt. Der beweist zum Abschluss mit markigen Schreien und einem durchdringenden „Wollt ihr das?“, dass immerhin eine der drei großen deutschen Punkrock-Bands noch weiß, was diese Musik eigentlich bedeutet. Und das Beste daran: Sie müssen es nicht die ganze Zeit beweisen.

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