Neues Duo: Olympiasieger Julius Brink (l.) spielt jetzt zusammen mit Armin Dollinger Foto: Baumann

Ein Olympiasieger in Stuttgart: Beachvolleyballer Julius Brink nutzt mit seinem neuen Partner Armin Dollinger die guten Möglichkeiten im Neckarpark. Das Duo hat ein hohes Ziele – Olympia 2016.

Ein Olympiasieger in Stuttgart: Beachvolleyballer Julius Brink nutzt mit seinem neuen Partner Armin Dollinger die guten Möglichkeiten im Neckarpark. Das Duo hat ein hohes Ziele – Olympia 2016.
 
Herr Brink, was zieht einen Olympiasieger nach Stuttgart?
Julius Brink: Mein neuer Partner.
Sie spielen zusammen mit Armin Dollinger.
Julius Brink: Richtig. Er trainiert und lebt nun schon das sechste Jahre hier am Olympiastützpunkt. Außerdem arbeitet Bundestrainer Jörg Ahmann in Stuttgart, er ist einer von drei Trainern in unserem Team. Wir profitieren von seinem Wissen, aber natürlich auch von der tollen Infrastruktur am Olympiastützpunkt.
Wie oft trainieren sie in Stuttgart?
Armin Dollinger: Wir teilen das auf. Wenn wir nicht gerade im Trainingslager sind, treffen wir uns bei Julius in Köln, weil dort unsere anderen beiden Trainer sind, oder eben hier in Stuttgart.
Julius Brink: Wir Beachvolleyballer sehen das ganz locker. Wir sind sowieso viel auf Reisen, da kommt es auf einmal mehr oder weniger nicht an. Das bringt der Job eben so mit sich.
Wie fiel Ihre Wahl auf Armin Dollinger?
Julius Brink: Das ist eine lange Geschichte.
Erzählen Sie.
Julius Brink: Nach dem Olympiasieg 2012 in London habe ich mir nach längerem Überlegen das Ziel gesetzt, die nächsten vier Jahre noch mal voll anzugehen – was nach der ganzen Hochjubelei keine einfache Entscheidung war.
Zumal Sie Ihren Partner verloren haben.
Julius Brink: Stimmt, ich wollte mit Jonas Reckermann so lange weiterspielen, wie es irgendwie geht. Leider ging es bei ihm wegen seiner Rückenprobleme gar nicht mehr. Ich habe mich dann mit Sebastian Fuchs zusammengetan.
Was lief schief?
Julius Brink: Zum einen ging uns durch meine Hüftverletzung die Saison 2013 kaputt. Und zum anderen haben wir es einfach als Typen nicht geschafft, unsere Stärken zusammenzubringen. Was nichts daran ändert, dass Sebastian Fuchs ein Riesentalent ist, von dem man noch viel hören und sehen wird. Nur eben nicht an meiner Seite.
Dort steht nun Armin Dollinger.
Julius Brink: Der einzige Vorteil an meiner Verletzung war, dass ich als Außenstehender einen klareren Blick auf die Tour und die Teams hatte. Armin hat 2013 sportlich einen großen Schritt gemacht, und er hat das Po- tenzial, durch hartes Training weitere gigantische Schritte zu schaffen. Wir kannten uns, auch über gemeinsame Sponsoren, haben hin und wieder miteinander trainiert. Jeder, der mich beraten hat, meinte: Das passt hundertprozentig. Also habe ich ihn gefragt.
Wie lautete die Antwort?
Armin Dollinger: Ich habe mich geehrt gefühlt und musste nicht wirklich lange überlegen, ehe ich Ja gesagt habe.
Was hat sich seither für Sie verändert?
Armin Dollinger: Extrem vieles. Der Anspruch ist höher, das Training um einiges intensiver. Die Trainer erwarten athletisch und technisch sehr viel.
Wie hoch ist der Druck an der Seite eines Olympiasiegers?
Armin Dollinger: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Und ich spüre auch keinen Druck. Weder im Team noch von außerhalb.
Was kann man von einem Olympiasieger lernen?
Armin Dollinger: Ich lerne vom ganzen Team. Da wird mir Professionalität vorgelebt. Der Wille, sich verbessern zu wollen. Das Denken, mehr zu geben als alle anderen. Für diese Dinge stehen das Team und Julius ganz extrem. Mit seiner Erfahrung kann er mir auf dem Feld natürlich sehr helfen. Und das tut er auch.
Woran muss ein neu zusammengestelltes Beachvolleyball-Duo vor allem arbeiten?
Julius Brink: Unser Problem ist, dass ich erst Mitte Januar an der Hüfte operiert wurde. Bisher läuft es zwar ganz gut, aber ich kann mich noch nicht voll belasten. Wir sind erst vor kurzem ins Balltraining eingestiegen, die ersten drei Turniere auf der World-Tour in China und Mexiko muss Armin deshalb mit einem anderen Partner spielen.
Armin Dollinger: Julius ist der Abwehrspieler, ich stehe im Block – von daher ist die Rollenverteilung klar. Aber an der Feinabstimmung müssen wir natürlich noch extrem viel arbeiten. Am Ende muss ich genau wissen, was mein Partner in der jeweiligen Situation denkt und wie er reagieren wird. Dazu müssen wir auch Erfahrung in vielen engen Spielen sammeln.
Julius Brink: Der Weg, den wir sportlich gehen wollen, kostet Zeit. Und er wird auch nie aufhören. Toll am Beachvolleyball ist, dass man niemals sagen kann, man hätte seine Ressourcen voll ausgeschöpft. Auch nicht am Tag des Olympiasiegs.
Gibt es einen Chef im Team?
Julius Brink: Nein, so funktioniert Beachvolleyball nicht mehr. Nur ein Chef auf dem Platz, das ging bis 2008. Heute wäre eine solche Rollenverteilung antiquiert. Dafür ist unser Sport viel zu schnell geworden, zu sehr von Taktik geprägt. Im Fußball, bei elf Mann, braucht man Leitwölfe. Bei uns braucht es zwei Persönlichkeiten auf dem Feld, die sich gegenseitig unterstützen. Alles andere führt in die Sackgasse.
Wo geht die Entwicklung im Beachvolleyball hin?
Julius Brink: In Richtung der Dinge, die auch beim Hallenvolleyball wichtig sind – Abschlaghöhe, Schlagkraft, Durchsetzungsvermögen. Beachvolleyball wird unfassbar athletisch werden, noch viel athletischer als bisher schon. Und die Athleten müssen dazu noch hervorragende Techniker sein.
Sie gelten als brillanter Taktiker mit herausragender Technik. Wie steht es um die Athletik?
Julius Brink: Klar, eine Entwicklung hin zu den Elementen, bei denen ich meine Stärken habe, würde mir besser passen. Aber ich kann nichts dagegen machen – ich muss eben verstärkt an meiner Athletik arbeiten. Das ist mit den Trainern auch so abgesprochen. Ich befürchte, dass mich diese Absprache das ganze Jahr über begleiten wird. Ich habe in diesem Bereich noch viel Luft nach oben.
Wo soll der Weg hinführen?
Julius Brink: Zu den Olympischen Spielen 2016. Rio ist unser übergeordnetes Ziel.
Um dort eine Medaille zu gewinnen?
Julius Brink: Ich halte viel davon, langfristig zu planen. Aber eine Medaille? Das geht nicht. Ich weiß, wie gut unsere Trainer sind. Aber man kann im Beachvolleyball nicht einfach hingehen und sagen, man nimmt zwei Athleten und formt aus ihnen Olympiasieger. Wir müssen uns erst mal für Rio qualifizieren. Das wäre schon sensationell. Folglich gilt es, jetzt erst mal alles dafür zu tun, um sich später eventuell höhere Ziele setzen zu können.
Wie läuft die Olympia-Qualifikation?
Julius Brink: Das hat unser Weltverband noch nicht kommuniziert. Aber das ist nicht überraschend – wahrscheinlich gibt es vorher noch einen Wechsel des Spielsystems auf drei Bälle, eine andere Netzhöhe und ein breiteres Feld (lächelt gequält).
Sie sind nicht gut zu sprechen auf den Volleyball-Weltverband.
Julius Brink: Unser Präsident Ary Graca ist ein brasilianischer Patriarch. Er wird den Modus der Qualifikation sicher so ändern, dass in Rio möglichst viele Brasilianer mitspielen können.
Den letzten Titel für ein deutsches Duo gab es 2012 in London. Was hat sich für Sie durch Olympia-Gold verändert?
Julius Brink: Der Hype direkt danach war schon grenzwertig. Bei mir hat es recht lange gedauert, bis ich mich wieder darauf besinnt habe, was ich eigentlich mache. Denn den Grußonkel zu spielen und Leistungssport zu betreiben, das passt nur bedingt zusammen. Deshalb musste ich viele Anfragen und Termine absagen, und das ist immer noch so.
Und doch nutzen Sie Ihre Popularität gerne, wenn es um brisante Themen geht.
Julius Brink: Ich habe eine Meinung. Und wenn ich danach gefragt werde, dann sage ich meine Meinung auch.
Oft geht es dann um den Deutschen Volleyball-Verband.
Julius Brink: Ja, auch zum DVV habe ich meine Meinung.
Und die wäre?
Julius Brink: Es bringt nichts, sich auf den Verband zu verlassen. Deshalb gehen wir unseren Weg weitestgehend ohne den DVV und können dabei Gott sei Dank auf sehr verlässliche Partner vertrauen.
Geht es auch ein bisschen konkreter?
Julius Brink: Die Strukturen sind derzeit im Verband einfach nicht so, als dass wir hier große Hilfe erwarten könnten. Das ist ärgerlich für uns Teams, die auf eine bessere finanzielle Unterstützung angewiesen wären. Doch wir können nicht darauf warten, bis sich dies ändert. So bitter das auch ist.
Wie finanzieren sie sich?
Julius Brink: Wir vermarkten uns komplett selbst. Diese Selbstständigkeit ist eine Stärke unseres Teams, denn wir müssen nicht auf die Unterstützung des Verbandes hoffen. Ich sehe diesen Weg durchaus als Chance – auch für andere Beachvolleyball-Teams.
Manchmal muss man gar nichts sagen, um seine Meinung deutlich zu machen. Es gab vor den Olympischen Spielen ein Foto, auf dem Sie und Jonas Reckermann sich küssen – als Protest gegen die Homophobie in Russland.
Julius Brink: Diese Form der Kritik kam sehr gut an und war natürlich völlig berechtigt, wie auch die Frage, warum überhaupt Olympische Spiele in Länder mit einem derartigen politischen System vergeben werden. Es war notwendig, da vorher richtig draufzuhauen. Aber es war auch richtig, dass dies während der Wettkämpfe aufgehört hat. Etwas anderes hätten die Athleten nicht verdient gehabt. Die Spiele an sich haben gezeigt, wie faszinierend der Sport sein kann. Ich habe gerne zugeschaut.
Und daran gedacht, dass in Sotschi 37 Milliarden Euro ausgegeben worden sind?
Julius Brink: Wahnsinn, was Wladimir Putin dort in den Bergen hat verbauen lassen. Andererseits: Wer an der einen Stelle Land vernichtet, der muss an der anderen Stelle neues einnehmen. Wahrscheinlich sind die Russen deshalb auf der Krim einmarschiert.