Die Bewohner sitzen fest: Vor dem Hans-Rehn-Stift hält bis Mitte Juni kein Bus. Foto: Sandra Hintermayr

Wegen Bauarbeiten der Netze BW hält kein Bus mehr vor dem Hans-Rehn-Stift. Die Haltestelle ist um mehrere hundert Meter verlegt worden. Eine Zumutung, finden die Bewohner.

Rohr - Eigentlich ist Ellen Colombo fast jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Die Buslinie 82, die direkt vor dem Hans-Rehn-Stift an der Supperstraße hält, nutzt sie, um ins Vaihinger Zentrum zu kommen, oder aber um von dort mit der Bahn weiter nach Bad Cannstatt zu fahren. Jeden Samstag geht die 78-Jährige im Mineralbad schwimmen. Der Weg mit den Öffentlichen dauert zwar, ist aber machbar. Seit vergangener Woche allerdings steht Colombo vor einem Problem: Der Bus hält nicht wie gewohnt am Hans-Rehn-Stift. Die Bushaltestelle wurde aufgrund von Bauarbeiten an der Thingstraße verlegt.

Die Ersatzhaltestelle ist fast 300 Meter entfernt am Halt Thingstraße. Oder aber 450 Meter in die andere Richtung an der Haltestelle Am Ochsenwald. „Unzumutbar“ insbesondere für Mitbürger, die schlecht zu Fuß sind oder eine Gehhilfe benötigen, findet Colombo. „Das sind zehn Minuten Fußweg hin und zehn zurück. Das ist ein Unding“, sagt die 78-Jährige, die sich als Mitglied des Heimbeirats ehrenamtlich für die Belange der Bewohner des Stifts einsetzt. Hat man dann noch Gepäck dabei, wie eine schwere Tasche mit Bademantel und Handtüchern für den Schwimmbadbesuch, sei das ein gutes Stück Arbeit. „Da macht es einen gehörigen Unterschied, ob ich direkt vor der Tür in den Bus einsteigen kann oder die Tasche so lange tragen muss.“ Sie selbst gehöre dabei noch zu den fittesten Bewohnern im Stift.

Lösung ist „nicht praktikabel“ für die Nutzer des Busses

Colombo hat ein Jahresabo für die Nutzung des ÖPNV. „Aber jetzt, wo die Bushaltestelle so weit weg ist, nutze ich die öffentlichen viel weniger. Und trotzdem zahle ich das gleiche Geld für mein Ticket“, sagt Colombo. Eigentlich, sagt sie, sollte man vom Verkehrsverbund Stuttgart den Betrag für die sechs Wochen Nichtnutzung des Busses zurückfordern.

„Es ist eine Frechheit, die Haltestelle direkt am Seniorenzentrum zu sperren, wo die Menschen mit Rollatoren und Rollstuhl auf kurze Wege angewiesen sind“, sagt Colombo. „Das wurde vom Schreibtisch aus entschieden, das ist nicht praktikabel für die Nutzer des Busses“, sagt Colombo. Nicht nur für die Senioren aus dem Hans-Rehn-Stift, auch für die umliegenden Anwohner sei der Wegfall der Haltestelle ein Problem. Denn im Wohngebiet um das Pflegezentrum herum lebten ebenfalls viele ältere Menschen. „Ohne den Bus sitzen wir hier oben auf dem Trockenen“, sagt Colombo. „Wir sind abgehängt von Vaihingen und von der Stadt.“

Bei Gasleitungen ist Sorgfalt geboten, sagt die Netze BW

Die Netze BW wollen an der Thingstraße auf einer Strecke von rund 160 Metern zwischen der Supperstraße und den Satteläckern neue Kunststoffrohre für Gas und Leerrohre für Strom verlegen. Bis Mitte Juni, so der Plan, ist die Thingstraße in dem Bereich für den Verkehr voll gesperrt. Eine lange Zeit, findet Colombo. „Das wäre sicher auch in zwei Wochen gegangen, wenn dem Vorhaben von ganz oben eine andere Priorisierung gegeben worden wäre“, sagt die 78-Jährige. Die Arbeiter hätten am vergangenen Montag angefangen, seither allerdings tue sich nichts. „Seit dem ersten Tag ist da nichts mehr passiert“, sagt Colombo.

Dafür hat Hans-Jörg Groscurth, Pressesprecher der Netze BW, eine Erklärung: „Wir mussten zunächst Bodenproben entnehmen. Die eigentlichen Bauarbeiten beginnen am kommenden Montag.“ Das Unternehmen habe Verständnis für die Klagen der Anwohner. „Die Umstände sind natürlich nicht die besten. Wir schauen, dass wir so schnell wie möglich mit den Arbeiten fertig sind, aber gerade bei Gasleitungen ist Sorgfalt geboten“, sagt Groscurth. Schneller als die veranschlagten fünf bis sechs Wochen ginge es nun mal nicht.

Auch die Verlegung der Haltestelle sei nicht anders möglich, heißt es vonseiten der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). „Verkehrlich bedingt gibt es keine andere Lösung: Auf andere Strecken des Viertels können Busse nicht ausweichen“, erklärt die Pressesprecherin Birte Schaper.