Kunden sollen bei Bausparverträgen möglichst wenig einzahlen Foto: KfW

Mit interaktiver Grafik - Keine höheren EInzahlungen mehr erwünscht: Die Unternehmen der Bauspar-Branche nutzen bei Altverträgen zunehmend eine Klausel im Kleingedruckten und verweigern die Annahme von Geld über bestimmte Grenzen hinaus.

Berlin - Der Versicherungsvertreter der Debeka riet einem Leser der Stuttgarter Nachrichten vor gut drei Jahren zum Abschluss eines Bausparvertrages. Kein schlechter Tipp für die Anlage der Vermögenswirksamen Leistungen. Schon damals waren die Zinsen im Keller. Die 40 Euro, die der Arbeitgeber monatlich überweist, verzinst die Bausparkasse immerhin mit drei Prozent.

Der Vertreter machte dem Leser seinerzeit noch einen Sparbeitrag von zusätzlich 25 Euro monatlich schmackhaft. Der Kunde akzeptierte. Alles taucht im Vertrag so auf. Jahrelang lief es wie gewünscht. Im Oktober bekam der Bausparer dann Post von der Debeka: „Sie haben uns dazu berechtigt, zugunsten Ihres Bausparvertrages den Betrag von 25 Euro einzuziehen. Wir bitten Sie jedoch um Verständnis, dass wir diesen nicht mehr annehmen können.“

Bausparen - so funktioniert's:

Die Bausparkasse macht Gebrauch von einer Klausel im Kleingedruckten des Vertrages. Dort wird darauf verwiesen, dass es sich beim vereinbarten Zusatzbetrag von 25 Euro monatlich um eine „Sonderzahlung“ nach den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge handle. Sonderzahlungen akzeptiere die Debeka nur dann, „wenn wir sie im Interesse unserer Bauspargemeinschaft anlegen können“. Und weiter: „In der aktuellen Niedrigzinsphase ist dies jedoch nicht möglich, so dass wir Ihre Einzahlung nicht akzeptieren können.“

Schon klar: Die Debeka muss laut Vertrag das Guthaben auf dem Bausparkonto mit drei Prozent im Jahr verzinsen. Am Kapitalmarkt sind die Zinsen im Keller, die ersten Banken verlangen Strafzinsen für Guthaben. Es gibt also so gut wie keine Anlagemöglichkeit mehr, mit der die Debeka und andere Bausparkassen die Zinsen erwirtschaften können, die sie ihren Kunden zahlen müssen.

Kein Wunder, dass die Bausparkassen versuchen, ihren Schaden zu begrenzen. Dafür schauen sie ins Kleingedruckte der Verträge. Die Debeka wurde fündig in Paragraf 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB): Dort ist vom Regelsparbeitrag in Höhe von monatlich „3 vom Tausend der Bausparsumme“ die Rede. Und: „Die Bausparkasse kann die Annahme von Sonderzahlungen von ihrer Zustimmung abhängig machen.“

Viele Bausparkunden sind betroffen

So weit klingt es nach Routine. Die Weigerung, Einzahlungen über den sogenannten Regelsparbeitrag hinaus anzunehmen, markiert aber eine Zäsur in der Geschäftspolitik der Bausparkasse. Wie zu hören ist, hatte die Debeka in mehr als vier Jahrzehnten noch nie von der Klausel Regelsparbeitrag Gebrauch gemacht. Jetzt in der Niedrigzinsphase ist es das erste Mal, dass sie mit Hinweis darauf Geld der Sparer ausschlägt. Sehr viele Kunden sind betroffen: Ende September umfasste der Bestand in diesem Tarif 939 143 Verträge. Der Tarif wurde von 1974 an angeboten und erst 2013 geschlossen. Wie zu hören ist, steht bei der Debeka, die im September und Oktober ihre Kunden in der Sache angeschrieben hat, das Servicetelefon seitdem nicht mehr still.

Schon jetzt sind also Einzahlungen aus Daueraufträgen, Einmalzahlungen und Lastschriften über bestimmte Grenzen hinweg gestoppt. Am Telefon erhielt ein Debeka-Kunde die Auskunft, bei Vermögenswirksamen Leistungen sei die Debeka in diesem Jahr noch kulant. Wenn die Zinsen aber nicht stiegen, könnten 2015 bei Erreichen der Regelsparrate Vermögenswirksame Leistungen auch zurück an den Arbeitgeber geschickt werden. Auf Nachfrage bei der Pressestelle der Debeka wollte man davon plötzlich indes nichts mehr wissen: „Es ist nicht vorgesehen, die Vermögenswirksamen Leistungen zurückzuschicken.“

Nicht nur die Debeka hat Maßnahmen ergriffen, um die Zinszahlungen an Bausparer aus alten Verträgen zu begrenzen. Konkurrenten sind allerdings zuweilen großzügiger als die Debeka. Ein Sprecher des Marktführers Schwäbisch Hall etwa teilte mit: „Bei älteren Verträgen sind Einzahlungen auf den Regelsparbeitrag begrenzt. Allerdings akzeptieren wir in jedem Fall Einzahlungen von 1200 Euro jährlich sowie die Zahlungen aus Vermögenswirksamen Leistungen.“

Ein Sprecher der Wüstenrot-Gruppe W&W sagte: „Wüstenrot nimmt nicht für alle Bauspartarife Einzahlungen in unbegrenzter Höhe entgegen.“ Die Summe sei durch den Regelsparbeitrag begrenzt. Betroffen seien Altverträge von Wüstenrot, Leonberger Bausparkasse, Allianz Dresdner Bausparkasse sowie Vereinsbank Victoria Bausparkasse.