Die Degerlocher SPD will wissen, ob es zum Abbruch der Flüwo-Gebäude Alternativen gibt. Es ist ungewiss, ob die Bezirksfraktion darauf je eine Antwort erhält. Foto: Archiv Rehman

Die SPD im Degerlocher Bezirksbeirat hat ein Schreiben an die Flüwo geschickt, in dem sie Anliegen der Mieter anspricht. Die CDU befürchtet, dass die Anwohner enttäuscht sein werden. Die Kritiker erklären, warum.

Degerloch - Mary Schwarz ist sich sicher, dass sich niemand Geringeres als der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz für die Flüwo-Mieter an der Degerlocher Straifstraße eingesetzt hat. „Ich habe an Herrn Schulz geschrieben, weil er sich ja das Thema Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben hat“, berichtet die Mieterin. Aus dem Büro des SPD-Kandidaten habe sie ein Schreiben erhalten, erzählt sie. Darin sei ihr versichert worden, dass sich die Degerlocher SPD um ihr Anliegen kümmern wird.

Der SPD-Bezirksbeirat Ulrich-Michael Weiß erwähnt eine solche Order aus dem Büro des SPD-Kanzlerkandidaten mit keiner Silbe. Der Grund, warum er und der zweite SPD-Bezirksbeirat Wilfried Seuberth ein Schreiben an die Baugenossenschaft geschickt haben, sei das persönliche Drängen der Mieter gewesen, sagt er. „Wir verstehen uns als Anwälte der Flüwo-Mieter“, sagt Weiß.

SPD-Bezirksbeiräte wollen Antworten

Die beiden SPD-Bezirksbeiräte fordern in dem Schreiben die Flüwo auf, zu erklären, warum ein Abriss der drei Gebäude an der Straifstraße 11, 15 und 17 überhaupt notwendig ist. Die SPD will auch belastbare Vergleichszahlen sehen, die darlegen können, warum eine Sanierung keine Alternative zu einem Neubau sei. „Das habe ich schon im Dezember 2016 gefordert, als die Flüwo das Projekt im Bezirksbeirat vorgestellt hat“, sagt Weiß. Damals habe er auf diese Frage keine Antwort erhalten.

Die anderen Fraktionen im Bezirksbeirat hätten dies damals weniger kritisch gesehen als die SPD. „Deshalb haben wir auch das Schreiben jetzt alleine aufgesetzt“, sagt Weiß. Die SPD fordert die Flüwo außerdem auf, den jetzigen Bewohnern der drei Gebäude verbindliche Zusagen über einen Ersatzwohnraum zu machen, ein Rückkehrrecht zu erschwinglichen Mietpreisen und Umzugskosten, sollte letztlich ein Abriss der Gebäude unumgänglich sein.

Die Mieterin Mary Schwarz ist zunächst zufrieden, dass die Degerlocher SPD viele Forderungen der projektkritischen Anwohner in ihrem Schreiben aufgenommen hat. Sie und eine andere Mieterin hatten im März unter den Hausbewohnern Unterschriften gegen das Bauvorhaben der Flüwo gesammelt.

Jetzt hofft Schwarz, dass die Politiker das Vorhaben der Flüwo verhindern. Dass der Bezirksbeirat darüber allerdings gar nicht entscheiden kann, enttäuscht die Mieterin. „Ich bin schon davon ausgegangen, dass die Bezirksbeiräte in der Sache etwas zu sagen haben.“ Sie schweigt einen Moment und bleibt nach etwas Nachdenken bei ihrer Meinung. „Wenn Politiker wirklich etwas wollen, dann setzen sie das auch durch. Vielleicht sind wir ihnen ja nicht wichtig genug.“

Die CDU sieht darin ein Wahlkampfmanöver

Götz Bräuer, der Sprecher der CDU-Fraktion im Degerlocher Bezirksbeirat, würde sich wohl von der Enttäuschung der Flüwo-Mieterin bestätigt fühlen. Er kritisiert das Vorgehen der SPD-Bezirksbeiräte als Wahlkampfmanöver. „Das ist ein privates Bauprojekt, bei dem wir Bezirksbeiräte gar nichts zu sagen haben. Wenn sich da, nur weil im Moment Wahlkampf ist, eine Partei zum Anwalt der Bürger aufschwingt, löst das Frust über die ganze Politik aus“, warnt Bräuer.

In der Sache unterstütze er das Bauprojekt der Flüwo. Denn bei einer Komplettsanierung müssten die Bewohner auch aus ihren Wohnungen ausziehen, sagt Bräuer. „Es ist auch nicht so, dass schon morgen etwas auf die Bewohner zukäme“, sagt der CDU-Bezirksbeirat.

Die Grünen vertrauen der Flüwo

Michael Huppenbauer von den Grünen im Bezirksbeirat äußert sich vorsichtiger über das Vorgehen der SPD-Bezirksbeiräte. „Im Grundsatz ist es ja gut, wenn Politiker Anwälte der Bürger sein wollen. Ich kenne das verfahrenstechnische Prozedere nicht im Einzelnen, weiß aber, dass das ein privates Vorhaben ist. Also geht die SPD da ein volles Risiko ein.“

Die Grünen hätten zudem keinen Grund, an den Zusicherungen der Flüwo zu zweifeln, dass sie sozial verträglich vorgehen wolle, meint Huppenbauer. „Ich sehe da positive Aspekte, etwa neue Parkplätze“, meint der Bezirksbeirat der Grünen.