Die rostigen Flecken sind typisch für den Befall von dem Bakterium Pseudomonas syringae Foto: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald/Monika Heupel

Experten beklagen bundesweit Tod vieler Kastanienbäume. Schuld an deren Zerfall ist das Bakterium Pseudomonas syringae, das die Rosskastanie befällt. In Nordrhein-Westfalen werden ganze Alleen deswegen gefällt. In Baden-Württemberg wurden bislang allerdings nur wenige Fälle gemeldet.

Bonn/Stuttgart - Wie groß das Leiden ist, zeigt sich am Stamm: Dunkelrote Nassflüssigkeit tritt aus der Rinde der Kastanie – fast so, als würde sie bluten. Dann wird es nicht mehr lange dauern, bis Teile der Rinde absterben. Pilze besiedeln das kaputte Holz. Der Baum zerfällt.

Es ist die Krankheitsgeschichte vieler Rosskastanien in Nordrhein-Westfalen, die schlimmstenfalls auch zu der vieler Kastanien im restlichen Bundesgebiet werden könnte. So befürchten Gehölz-Pathologen von der Uni-Göttingen in den nächsten zehn Jahren den Tod von 50 Prozent alter Kastanien. Allein in Krefeld mussten knapp 500 erkrankte Bäume gefällt werden. Den Alleebäumen am Düsseldorfer Schloss droht dasselbe Schicksal. Ausgelöst wurde das Baumsterben vom Bakterium Pseudomonas syringae, das die Rosskastanie befällt.

Auch in Baden-Württemberg zeigen schon die ersten Kastanien im Raum Karlsruhe die Symptome, die für einen Bakterienbefall typisch sind, heißt es beim Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg. Insgesamt liegen aus dem ganzen Land den Wissenschaftlern drei Proben vor. „Für einen eindeutigen Befund fehlen aber noch die Nachweise“, sagt der LTZ-Sprecher Jörg Jenrich. Auch eine Prognose, wie sich die Erkrankungszahlen entwickeln könnten, wäre bislang noch nicht möglich.

Das Bakterium ist kein Unbekannter. Schon vor mehr als 40 Jahren wurde es in Deutschland nachgewiesen. Woher es stammt, ist unklar, heißt es bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) in Bonn. Auch über die Verbreitung sind sich die Experten unklar: Manche tippen auf Vögel und Insekten als Überträger. Möglich ist es auch, dass sich die Erreger über Wind und Regen auf den Bäumen verteilen, wo sie die Rinde absterben lassen. Die Schleimflussflecken bilden die Eintrittswunden für Sekundärschädlinge wie Pilze, die dann zum Bruch des Baumes führen.

Ein Gegenmittel gegen das Bakterium gibt es nicht. Für eine intensive Forschung, so beklagt es die SDW, fehle es an Geld. Grundsätzlich raten Experten daher dazu, den Bäumen möglichst ideale Lebensbedingungen zu bieten und Stresssituationen wie beispielsweise eine Austrocknung zu verhindern. Kastanien lieben zudem gut durchlüftete Böden mit hohem Humusgehalt. Nur ein gesunder Baum kann sich gegen den Bakterienbefall zur Wehr setzen.

Doch solche Bedingungen sind oft nicht gegeben: Die Rosskastanie wird vor allem in Städten gepflanzt. Dort haben die Bäume generell Probleme mit der Wasserversorgung, der Hitze und der Belastung durch Abgase. Hinzu kommt, dass vielen Kastanien in den vergangenen Jahren mit der Miniermotte zu kämpfen hatten. Deren Larven fressen sich durch das Innere der Kastanienblätter und schädigen so die Leitungsbahnen der Blätter. Die Folge: Die Baumkronen vertrocknen. Zwar sind die Schäden der Motte in diesem Jahr weniger schlimm, dennoch sind viele Bäume noch geschwächt – und so anfälliger für den Bakterienbefall. „Hier liegt eine große Herausforderung für das Grünmanagement der Städte, damit in Zukunft nicht alle Kastanien aus dem Stadtbild verschwinden“, sagt SDW-Bundesgeschäftsführer Christoph Rullmann.

Gehölz-Pathologen von der Uni Göttingen raten dazu, in Städten zusätzlich andere Baumarten aus anderen Ländern zu pflanzen, die trockenheitstolerant sind und auch einen harten Winter vertragen.

Weitere Infos zu Schädlingen von Bäumen gibt es bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald,

www.sdw.de

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