Hilft mehr Transparenz den Bauern aus der Patsche? Hier werden Eier zur Kontrolle durchleuchtet. Foto: factum/Granville

Die Landwirte befassen sich beim Bauerntag mit ihrem Bild in der Gesellschaft. Dass es so schlecht ist, liege aber nicht nur an ihnen selbst, sondern auch an den Medien, die Skandale aufbauschten.

Schwieberdingen - Lebensmittelskandale wie Dioxin in Eiern oder Glyphosat im Bier, Milchpreise im Keller und eine ungeliebte neue Düngemittelverordnung– für die Landwirtegab es in der Vergangenheit viele Themen, sich zu ärgern. In diesem Jahr befasste sich der Bauernverband Heilbronn-Ludwigsburg auf seiner Versammlung, dem Bauerntag, mit seinem Image und damit, wie sein Berufsstand durch die Medien dargestellt wird.

In seiner Begrüßungsrede in der Festhalle in Schwieberdingen sagte der Verbandsvorsitzende Eberhard Zucker am Freitag, dass Landwirtschaft und Verbraucher „zwei Welten sind, die sich entfremdet haben“. Der Verbraucher bekäme zweierlei Bilder von der Landwirtschaft vermittelt: einmal wecke die Werbung für Lebensmittel Sehnsucht nach „der guten alten Zeit“, gleichzeitig deckten Tierschutzorganisationen Missstände in der konventionellen Landwirtschaft auf. Und auf der Seite stünden die Landwirte, die unter volatilen Märkten, zunehmender Bürokratie und den Anfeindungen der Tierschützer litten.

Die Bauern klagen über zunehmende Medien-Hysterie

Zucker kritisierte im Zusammenhang mit vergangenen Lebensmittelskandalen auch die Berichterstattung der Presse: „Mein persönlicher, subjektiver Eindruck bei den letzten Skandalen war, dass in der Medienwelt die fachliche Bewertung keine große Rolle gespielt hat. Vielmehr wurde häufig mit Ängsten argumentiert.“

Martin Föll ist Geflügelwirt in Großbottwar. Auch er klagte bei einem Vor-Ort-Termin des Bauernverbands über die mediale Verarbeitung von Skandalen. „Die Hysterie hat auf jeden Fall zugenommen“, findet er. Fänden sich in einer Ei-Lieferung beispielsweise Salmonellen, sei nicht nur der betreffende Betrieb abgestempelt, sondern die ganze Branche. Eberhard Zucker pflichtete ihm bei: „Zuerst gibt es eine allgemeine Kaufzurückhaltung, dann kauft man wieder regional und bald ist wieder alles vergessen. Der betreffende Betrieb ist dann aber weg.“

Das postfaktische Zeitalter hat die Landwirtschaft erreicht

Auch auf dem Bauerntag kam man nicht um Trump, Brexit und Co. herum. Das postfaktische Zeitalter mache sich verstärkt auch in der Landwirtschaft bemerkbar, sagte Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium. „Ideologie beherrscht die Meinung“, sagte sie im Hinblick auf das Akzeptanzproblem konventioneller Landwirtschaft. Folgerichtig war das Thema des Vortrags auf dem Bauerntag „Lebensmittelskandale – tatsächliches Risiko oder mediale Scheinwelt?“. Die Referentin, Gaby-Fleur Böl vom Bundesinstitut für Risikobewertung, stellte klar: „Lebensmittel sind heute sicherer denn je, aber die Bevölkerung glaubt heute das Gegenteil.“ Dioxin im Ei, Glyphosat im Bier, Mineralöl in Schokolade – mit mehreren Beispielen legte sie dar, dass bei „von manchen Journalen ausgeschlachtete“ Meldungen de facto keine Gesundheitsgefährdung bestand. „Aber wer warnt, hat Recht. Und dann können Sie noch so viel hinterherschreiben, die Nachricht ist raus.“ Sie plädierte für mehr Transparenz in der Landwirtschaft.

So sah das auch der Geflügelwirt Föll. Doch auch das berge Risiken: „Eigentlich muss man den ganzen Hof hermetisch abriegeln, andererseits willst du jeden Bestand zeigen.“ Zucker ergänzte: „Man hat versäumt, den Verbraucher mitzunehmen bei unserer heutigen Produktionsweise.“