Die Vorfreude währt schon länger. Seit 2011 will Lidl die Schutthalden hinter dem Bauzaun gegen Neubauten ersetzen. Foto: factum/Granville

Der Discounter will seit 2011 an der Mahdentalstraße bauen. Die Stadträte lehnen neue Pläne ab – jedenfalls vorerst.

Sindelfingen - Ein Reklameplakat frohlockt: „Darauf können Sie sich freuen“. Die Freude soll eine „demnächst noch größere Sortimentsvielfalt“ erregen. Unten steht im Sinne einer Unterschrift des Absenders der Botschaft: Lidl lohnt sich. Allerdings ist kein Grund zur Freude sichtbar. Hinter dem Werbeplakat türmt sich eine sechs Meter hohe Wand aus Bauschutt. Eine blassgrüne Plane soll verhindern, dass der Wind Staub in die Nachbarschaft bläst. Die Plane selbst halten Beton-Bruchstücke am Boden. Sie verbirgt die Überreste der einstigen Baufirma Richard Mayer.

Nicht mitten in Sindelfingen, aber noch immer nahe des Zentrums spannt sich seit Jahren eine Baugrube von der Größe eines Fußballfelds auf. Lidl will dort bauen – wieder einmal, denn Lidl will dort seit mindestens sechs Jahren bauen. Jedenfalls hat die Stadt 2011 den ersten Bauantrag des Discounters genehmigt. Danach begannen die Abrissarbeiten. In einem regelmäßigen Rhythmus reichte Lidl Änderungswünsche nach. Den dritten und bisher letzten genehmigte die Stadt im Jahr 2014. Baumaschinen wurden trotzdem nie auf die Brache zwischen der Mahdental- und der Sonnenbergstraße gefahren.

Der nächste Änderungswunsch ist eine Neuplanung

Inzwischen hat die Stadt das Pforzheimer Architekturbüro Peter W. Schmidt nicht mit einer Änderung, sondern mit einer gänzlichen Neuplanung beauftragt. Das Ergebnis ist ein für Discounter-Verhältnisse anspruchsvoller Entwurf, der mit den klassischen Lidl- oder Aldi-Hallen an den Stadträndern wenig gemein hat.

Die Baubürgermeisterin Corinna Clemens würde die Lücke im Stadtbild lieber heute als morgen schließen lassen. Für die Genehmigung der neuen Pläne schlägt sie jedenfalls ein „beschleunigtes Verfahren“ vor. Dies hat der Technik-Ausschuss des Gemeinderats aber ausgebremst – jedenfalls vorerst. Das Thema ist vertagt.

Gleichsam die Speerspitze der Kritiker ist Hermann Ayasse. Er ist der Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins und sitzt für die CDU im Gemeinderat. Zwar wurde in der Debatte über das Thema auch Kritik an der Architektur laut, aber „die ist mir eigentlich schnurzpiepegal“, sagt Ayasse. Ihm geht es um den Grundsatz.

Ursprünglich wollte Lidl auf dem Grundstück den typischen Discountermarkt mit Parkplätzen vor der Tür verwirklichen. Inzwischen ist ein dreigeschossiger Komplex mit zusätzlichen vier Wohnhäusern am Rand des Geländes geplant. „Wir planen öfter für Lidl“, sagt der Architekt Tobias Schmidt. „Die Ansprüche an die Architektur haben sich geändert.“ Schon der Wille, zunehmend in Zentrumsnähe zu bauen, erzwinge eine Abkehr vom Einfachbau. Das Erdgeschoss teilt sich auf in Kunden-Parkplätze und Anlieferung. Darüber folgt die Verkaufsfläche des Discounters. Im zweiten Stockwerk sind 1000 Quadratmeter Fläche für eine noch unbekannte Nutzung geplant. Je nach Marktlage soll ein Hotel ebenso möglich sein wie Büros.

Allein die Verkaufsfläche hat sich mehr als verdoppelt

Allerdings hat sich gegenüber den Urplänen allein die Verkaufsfläche mit inzwischen knapp 1700 Quadratmetern mehr als verdoppelt. „Das kann nicht sein“, sagt Ayasse. Zumal er befürchtet, dass ein Markt dieser Größe den Geschäften in der Innenstadt schaden könnte. Anderen Einzelhändlern abseits des Zentrums erlege die Stadt regelmäßig Vorschriften auf, was sie verkaufen dürfen und was nicht. „Dann darf auch Lidl außerhalb des Innenstadtgebiets kein innenstadtrelevantes Sortiment anbieten“, sagt Ayasse. Er fordert, die Pläne abzuspecken.

Demgemäß werden die Nachbarn weiter auf Schuttberge schauen oder Lidl wird neue Änderungswünsche einreichen müssen, denn mit seiner Kritik ist Ayasse keineswegs allein. Sein Antrag auf Vertagung wurde einstimmig angenommen. Dennoch soll der Gemeinderat das Thema bereits am heutigen Dienstag erneut beraten. Wesentliche Neuigkeiten sind dabei nicht zu erwarten. Der Stadtverwaltung bleiben wenig Möglichkeiten, Druck auf den Discounter auszuüben, allein schon, weil Lidl der Eigentümer der Baubrache ist.