Michel Barnier ist der Brexit-Verhandler für die EU. Foto: AP

Der neue Chefverhandler der EU über den Brexit, Michel Barnier, macht Druck: Nur 18 Monate bleiben den Briten für Verhandlungen.

Brüssel - Michel Barnier spricht Englisch: „I am very happy to be with you...“ Damit überrascht der 65-Jährige Franzose, der auf seiten der EU-Kommission die Brexit-Verhandlungen führen wird. Barnier hat erst in fortgeschrittenem Alter die Sprache des Nachbarlandes gelernt. Und für einen Franzosen seiner Generation ist es keine Selbstverständlichkeit, in Brüssel Englisch zu sprechen.

Viel mehr als bei der Sprache wird er London aber kaum entgegen kommen, wenn im Frühjahr endlich der Brief aus der Downing Street mit der Notifizierung des Austritts vorliegt und die Verhandlungen losgehen. Das macht der groß gewachsene Barnier, der in der Alpenregion Savoyen seine Wurzeln hat, bei seinem ersten offiziellen Auftritt deutlich. Er zieht der Gegenseite in London erst einmal die Daumenschrauben an. Er drückt auf das Tempo.

Wenig Zeit zum Verhandeln

Nur auf dem Papier habe man zwei Jahre Zeit, wie der Austrittsparagraf des Lissaboner Vertrages es vorsieht. Faktisch müssten die Verhandlungen über den Austritt bis Oktober 2018 beendet sein, legt Barnier fest. Nur dann sei noch genügend Zeit, um bis zum März 2019 die Zustimmung der Mitgliedsländer und des Europa-Parlaments zum Austrittsvertrag einzuholen. Damit haben beide Seiten also nur 18 Monate zum Aushandeln der Scheidungsmodalitäten. Die Briten werden nicht begeistert sein, dass Barnier ihnen die Bedingungen diktiert.

Unangenehmer Franzose

Vor allem die Banker aus der Londoner City werden sich an die Jahre 2010 bis 2014 erinnert fühlen, als Barnier EU-Binnenmarktkommissar war und nach der Finanzkrise die Boni der Investmentbanker deckelte und andere Disziplinierungsmaßnahmen durchdrückte. Für London war schon die Tatsache, dass die Kommission einen Franzosen zum Mister Brexit ernennt, eine unangenehme Botschaft. In Frankreich ist der Ruf besonders laut, London bei den Verhandlungen nichts zu schenken. Barnier selbst lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Karten schauen: „Harter Brexit, weicher Brexit, ich kann ehrlich gesagt mit diesen Begriffen nichts anfangen.“ Er warte auf ein Signal, welchen Beziehungsstatus die britische Gegenseite für die Zeit danach anpeile. Wie Norwegen, Liechtenstein oder Island?

Seit seinem Amtsantritt im Oktober bereitet sich Barnier auf seinen wohl letzten großen Job vor. Er hat einen Arbeitsstab von rund 30 Mitarbeitern aufgebaut und reist in alle Hauptstädte der EU. Er hört sich an, welche Prioritäten die nationalen Regierungen haben. 18 Länder hat er schon besucht, die restlichen sind bis Ende Januar an der Reihe. Faktisch wird die Kommission die Verhandlungen führen, die anderen beiden Brüsseler Institutionen, Parlament und Rat, verfügen gar nicht über das notwendige Wissen.

Risikokandidat Polen

Doch Barnier und seine Stellvertreterin, die deutsche hohe EU-Beamtin Sabine Weyand, müssen die Mitgliedsländer mitnehmen bei den Verhandlungen. Die Briten sind in Brüssel dafür bekannt, dass sie die Gemeinschaft auseinanderdividieren und durch Lobbying Länder auf ihre Seite ziehen können. Als Risikokandidat gilt hier insbesondere Polen. Die Warschauer Regierung, die ohnehin mit Brüssel über kreuz liegt, könnte versucht sein, an den anderen Mitgliedsstaaten vorbei Sonderkonditionen für die große polnische Minderheit in England auszuhandeln. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bruessel-reguliert-die-schattenbanken- schattenbanken-eu-plan-reicht-berlin-nicht.0925ab86-f502-46d8-8dfb