Blick auf die Bankenskyline in Frankfurt Foto: dpa

Die Schieflage einzelner Banken kann das ganze Finanzsystem ins Wanken bringen und Steuerzahler Milliarden kosten. Um solche Turbulenzen zu vermeiden, entsteht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Super-Aufsicht. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

- Warum übernimmt die EZB die Bankenaufsicht?
Eine gemeinsame Aufsicht über die größten Banken im Euro-Raum soll Vertrauen in die Stabilität der Institute schaffen, das während der Finanzkrise verloren gegangen ist. Der Aufbau der Bankenaufsicht erfolgte unter extremem Zeitdruck, nach dem Beschluss blieb nur ein Jahr für die Vorbereitung. Die Politik sah nur eine Institution, der sie die Aufgabe zutraute: die EZB. Der einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus SSM (englisch: Sigle Supervisory Mechanism) übernimmt unter dem Dach der Notenbank die Bankenaufsicht. Die 120 größten Institute, darunter 21 aus Deutschland, werden direkt von Frankfurt aus überwacht.
Welche Aufgaben haben die Aufseher?
Sie sollen die wichtigsten Finanzhäuser mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro nach einheitlichen Kriterien kontrollieren. Dafür gibt es direkt vor Ort Teams mit Aufsehern aus verschiedenen Nationen. Klare Vorgabe: Der Leiter des Teams darf nicht aus dem Land der Bank kommen, die überwacht wird. Weitere Vorgabe: Die Teams müssen rotieren und im Wechsel auf andere Banken schauen. Bislang standen nationale Aufseher häufig im Ruf, zu milde mit ihren jeweiligen Kreditinstituten umzugehen. Das lag auch daran, dass die Banken oft der größte Geldgeber für die Staaten sind.
Wie wollen die Kontrolleure Schwächen und Risiken frühzeitig erkennen?
Die Banken müssen mindestens einmal im Quartal Daten über ihr Eigenkapital, ihre Wertpapierbestände und Kredite liefern – bei Krediten künftig vermutlich ab einer Größenordnung von 50 000 Euro aufwärts. Bislang mussten Kredite erst ab einer Million Euro gemeldet werden. Die Aufseher analysieren die Daten auf Plausibilität, auch mit Blick auf die Wirtschaftslage und auf die Finanzmärkte. Öfter als bislang werden sie in die Banken kommen, sich die Bücher genauso wie Sicherheiten anschauen, untersuchen, ob Liquidität und Kapital ausreichend sind. Neu zumindest für deutsche Institute: Die Aufseher prüfen auch das Geschäftsmodell. Ist es nachhaltig, ergeben sich daraus Risiken? Analysiert werden auch die Organisationsstruktur der Bank und ihre Modelle zur Bewertung ihrer Risiken.
Was ist mit den kleineren Instituten?
Die tägliche Aufsicht über die Geschäfte der kleinen Geldhäuser haben weiterhin die nationalen Behörden. Zuständig sind in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die Bundesbank. Die EZB hat aber das Recht, notfalls bei jeder der rund 6000 Banken im gemeinsamen Euro-Währungsgebiet durchzugreifen.
Welchen Zweck hatte der Stresstest, und was sind die Ergebnisse?
Die EZB hat sich auf ihre neue Aufgabe mit einem umfangreichen Kapital-Check der Großbanken vorbereitet. Sie prüfte, ob die Institute in ihren Bilanzen Risiken richtig einschätzen. Anschließend schickten die Aufseher die Banken durch einen Stresstest, um deren Stabilität im Fall einer neuen Krise zu testen. So wollte die EZB sicherstellen, dass die Banken ohne bisher unentdeckte Altlasten unter ihre Aufsicht kommen. Beobachter sprachen von einem durchaus gelungenen Start. So stockten viele Institute ihre Kapitalpuffer bereits auf. Beim Test fielen 25 Institute durch. 13 von ihnen müssen sich bis Mitte 2015 insgesamt 9,5 Milliarden Euro an frischem Kapital beschaffen, wenn sie den Segen der Aufseher erhalten wollen.
Was passiert künftig mit Banken, die ins Straucheln geraten?

Von 2016 an sollen gemeinsame Regeln zur Sanierung und im Notfall Schließung von Banken greifen. Eine marode Bank soll so schnell wie möglich, wenn nötig binnen eines einzigen Wochenendes geschlossen werden können, um Panik unter Sparern und Anlegern zu vermeiden. Zuständig für die Abwicklung ist ein unabhängiges europäisches Gremium, das Single Resolution Board (SRB). Im Fall der Schieflage einer Bank sollen zunächst deren Aktionäre und Sparer herangezogen werden – und nicht mehr allein der Steuerzahler. Alle Länder sollen Notfallfonds aufbauen, die sich aus Abgaben der Banken finanzieren. Bis zum Jahr 2024 sollen dazu etwa 55 Milliarden Euro zusammenkommen. Über eine Abwicklung entscheidet der Rat der EZB. Hier sehen Beobachter einen erheblichen Schwachpunkt. Denn faktisch liegen damit Geldpolitik und Bankenaufsicht in einer Hand. Es könnte die Versuchung aufkommen, durch eine Lockerung der Zinses einem maroden Bankhaus am Ende indirekt die Existenz doch noch zu sichern.