Der idyllisch gelegene Schwarzwaldort Baiersbronn Foto: dpa

In einem langen Beitrag für das Wochenendmagazin der weltbekannten New York Times liest man über Eindrücke aus Baiersbronn, jener winzigen Schwarzwaldgemeinde mit „seven big Michelin stars“.

Baiersbronn - Alle loben die deutsche Berufsausbildung. In Frankreich hat das duale System ebenso Bewunderer wie in anderen Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit. Selbst US-Präsident Barack Obama hat kürzlich die Verzahnung von Theorie und Praxis zur Nachahmung empfohlen – Deutschland ist Vorbild für die Welt.

Der Leiter des Berliner Büros der „New York Times“, Nicholas Kulish, setzt jetzt noch eins obendrauf und erklärt auch die hohe Dichte von Gourmet-Sternen mit dem dualen System. In einem langen Beitrag für das Wochenendmagazin der weltbekannten Zeitung berichtet er über seine Eindrücke aus Baiersbronn, jener winzigen Schwarzwaldgemeinde mit „seven big Michelin stars“.

Natürlich redet er mit Maître Harald Wohlfahrt und dessen Konkurrenten Claus-Peter Lumpp. Natürlich beleuchtet er die fruchtbare Konkurrenz der beiden Flaggschiffe Traube Tonbach und Bareiss. Doch im Unterschied zu vielen anderen Baiersbronn-Porträts ist der Bericht keine Lobhudelei über die Variationen von der Gänseleber und anderen Zaubereien, sondern eine Werbeschrift für den deutschen Mittelstand und dessen Nachwuchsgewinnung.

Verwundert registriert der Autor, dass Könner wie Wohlfahrt, Lumpp oder Deutschlands einzige Zwei-Sterne-Köchin Douce Steiner keine abgedrehten Künstlernaturen sind, sondern zuallererst solide Handwerker. Küchenmeister oft, die ihr Geschäft in staatlichen Berufsschulen von der Pike auf gelernt haben. In Einrichtungen zum Beispiel wie der Paul-Kerschensteiner-Schule in Bad Überkingen, der Landesberufsschule für das Hotel- und Gaststättengewerbe.

Sympathie für das deutsche System

Hier spricht Kulish mit Lehrern und Auszubildenden und wundert sich ebenso über die niedrigen Abbrecherquoten wie über die niedrigen Lehrlingsgehälter. Im Kontrast dazu beschreibt er die amerikanischen College-Absolventen, die man mit Zehntausenden Dollar Schulden ins Berufsleben entlässt – und mit einem eklatanten Mangel an praktischen Fähigkeiten.

Den häufig zu hörenden Vorwurf, das duale System fördere die soziale Selektion und verhindere die Akademisierung, verschweigt der Autor keineswegs. Doch aus seiner Sympathie für das deutsche System, dessen Wurzeln er im mittelalterlichen Zünftewesen verortet, macht er kein Hehl.

Spezialisierung, so befindet Kulish, sei das Erfolgsrezept des „Mittelstands“. Dann erklärt er dem amerikanischen Leser, was dieses Wort eigentlich bedeutet: Das seien Unternehmen, die zwar keine Wolkenkratzer, aber Motoren für den Aufzug bauten. Zwar keine Autos, aber Steuergerät für die Lenkung. Oder eben perfekte Menüs.