Seit dem Jahr 2005 kümmern sich Straßensozialarbeiter um die Menschen am Bahnhof, die dem Alkohol nicht abgeneigt sind. Foto: Archiv Steffen Honzera

Am Bahnhof und Marktplatz tauchen immer wieder benutzte Spritzen auf. Die CDU im Gemeinderat möchte einen Bericht zur atuellen Situation und Lösungen aufgezeigt bekommen.

Bad Cannstatt - Gibt es eine Drogenszene in Bad Cannstatt? Barbara Hoffmann von der Apotheke am Bahnhof ist sich sicher, dass es so ist. In den vergangenen Monaten seien immer häufiger Süchtige bei ihr in der Apotheke gewesen, um sich steriles Spritzbesteck zu kaufen. Mit einigen sei sie auch ins Gespräch gekommen. Viele von ihnen kamen aus Reutlingen oder Ludwigsburg und hätten davon gesprochen, dass sie gezielt an den Bahnhof nach Bad Cannstatt gekommen seien, um Drogen zu kaufen. Der Stoff sei hier billiger, habe sie oft gehört. Barbara Hoffmann kann auch immer wieder beobachten, wie diese Personen gezielt und aggressiv Passanten um Geld anbetteln. „Da muss dringend etwas getan werden“, betont Hoffmann. Sie könne sich sehr gut vorstellen, dass Straßensozialarbeiter helfen könnten.

Christoph Lakner ist für den Verein Ambulante Hilfe in Bad Cannstatt unterwegs. Er ist Straßensozialarbeiter und kümmert sich vor allem um die Menschen, die sich regelmäßig am Bahnhof treffen und dem Alkohol nicht abgeneigt sind. „Unsere Klientel hat mit der Drogenszene nichts zu tun. Die Leute sind selbst schockiert über das, was sie teilweise mitbekommen“, sagt Lakner. Er selbst hat eine bewegliche Drogenszene wahrgenommen, die schwer zu durchschauen sei. Einige Personen, die er aus der Drogenszene von der Paulinenbrücke aus der Innenstadt kenne, habe er einige Male am Bahnhof gesehen. Mit den Kollegen des Vereins „Release“, die sich auf die Beratung und Hilfe bei Drogenproblemen spezialisiert haben, sei er daraufhin auch schon durch Bad Cannstatt gelaufen, um sich ein Bild zu verschaffen. „Release würde sicher etwas tun, wenn die Szene greifbar wäre. Aber die Leute halten sich maximal eine halbe Stunde hier auf“, sagt Lakner. Das sei rund um den Marktplatz ähnlich. Dort würden in den öffentlichen Toiletten immer wieder gebrauchte Spritzen auftauchen.

Der Leiter des Polizeireviers kann keinen Anstieg bei der Drogenkriminalität feststellen

Diese Beobachtung haben auch Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler und der Vorsitzende des Vereins „Die Altstadt Bad Cannstatt“, Dirk Strohm, gemacht. „Es ist natürlich nicht schön und ich erwarte, dass etwas getan wird“, sagt Strohm. „Aber ich bin froh, dass der Bezirksvorsteher ein Auge auf die Situation hat.“ Bernd-Marcel Löffler hat allerdings auch kein Patentrezept parat, wie das Problem gelöst werden kann: „Es gibt eine Drogenszene in Stuttgart. Und es wird sie auch weiter geben. Du kannst sie eigentlich nur verschieben.“ Die Leute kämen in der Regel nicht aus Bad Cannstatt. Die Süchtigen würden sich eben dort aufhalten, wo sie schnell mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin und auch wieder weg kämen.

Der Leiter des Polizeireviers in Bad Cannstatt, Thomas Engelhardt, kann zumindest statistisch keinen Anstieg der Drogenkriminalität im Bezirk beobachten: „Die Tendenz ist Stand November gleichbleibend.“ Allerdings hat auch er die Stimmen der Geschäftsleute vernommen, die von einer veränderten Problematik sprechen. „Es gibt eine mobile Szene, die sich rund um den Bahnhof aufhält“, bestätigt Thomas Engelhardt. Täglich werde dort kontrolliert. Zudem fänden auch gezielte Aktionen statt. Überwiegend gehe es um die Drogen Marihuana und Cannabis, aber auch um Kokain und Heroin.

Die CDU-Gemeinderatsfraktion hat die Stimmen aus der Bevölkerung aufgegriffen und einen Antrag formuliert. Es sei kein Geheimnis, dass der Drogenkonsum in Stuttgart stark zugenommen habe. Das gebe verstärkt Anlass zur Sorge, schreiben die Christdemokraten. „So etabliert sich die Drogenszene an Orten in der Stadt, wo es sie so in der Vergangenheit nicht gab. Beispielhaft sei hier der Bahnhof im Stadtbezirk Bad Cannstatt angeführt.“

Die CDU hätte gerne einen Bericht über die Drogenszene in Stuttgart und insbesondere in Bad Cannstatt. Zudem möchte sie wissen, welche „Gegenmaßnahmen ergriffen werden“. „Es wird wohl im Januar im Sozial- und Gesundheitsausschuss berichtet, wurde uns signalisiert“, sagt CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid. Der Bahnhof in Cannstatt sei der Eingang zum Bezirk, seine Visitenkarte. Er werde von so vielen Leuten frequentiert. „Gerade an diesem Platz dürfen sich solche Szenen nicht abspielen.“