Florian Hertweck als Bob Dylan Foto: Klenk

"The Times Are A-Changing": Die Bob-Dylan-Revue am Staatstheater Karlsruhe.

Karlsruhe - Die ersten Dichterversuche des angehenden Bob Dylan sind noch nicht sehr vielversprechend: „Wie viele Tage muss eine Woche haben?“, reimt er etwa, oder: „Die Antwort ist auf Stein geschrieben.“

Doch keine Sorge: Dieser Dylan-Abend gewinnt schnell an Fahrt. Dafür sorgt der Autor und Regisseur Heiner Kondschak, der schon in der Vergangenheit eine glückliche Hand hat für derartige Revuen, selbst. Und die Akteure selbst, denn bis auf eine Schauspielerin haben alle bereits an der Heidelberger Produktion mitgewirkt. 2008 wurde „Dylan – The Times Are A-Changing“ als Auftragswerk in Heidelberg uraufgeführt, als Peter Spuhler dort Intendant war. Jetzt hat er es mitgenommen ans Badische Staatstheater Karlsruhe, und wie es aussieht, hat es auch dort alle Chancen, ein Publikumsrenner zu werden, zumal es jetzt mit neuen Kostümen und Bühnenbild auf der großen Bühne gespielt wird. Zumindest das Premierenpublikum feierte so ausgelassen, als wäre es in einem Rockkonzert.

Es wird ja auch mächtig was geboten: Fünf Live-Musiker sind der Kern des musikalischen Geschehens, denn auch die fünf Schauspieler steuern noch allerlei musikalische Klangbilder bei. Und sie spielen bis zu 40 Rollen. Lediglich Florian Hertweck und Hagen von der Lieth können sich ganz auf ihre Rollen als Bob Dylan und als Conférencier konzentrieren.

Dylan als Fels in der Brandung

Und Hertweck macht seine Sache gut als Dylan. Stimmlich wollte er sich den Reibeisenfaktor ersparen, dafür hat er sein jugendliches Timbre bewahrt. In einigen Lagen wird es da eng für ihn, dafür hat er allerlei stimmliche Eigenheiten von Dylan gut studiert, die er auch gut rüberbringt. Unterm Strich bleibt das eine stimmige Sache, denn auch Kondschaks Neuarrangements zeugen davon, dass sich in den vergangenen 40 bis 50 Jahren einiges getan hat. Und wenn Geigen und Flöten dem Ganzen eine folkloristische Note geben, dann wird hier eben darauf hingewiesen, dass eine der Wurzeln von Dylans Musik der Folk ist.

Aber keine Sorge: Es geht auch richtig rockig zu. Bei „All Along The Watchtower“ legt Hans Reffert ein ausführliches Solo auf der Elektro-Gitarre hin, wie man es heute mit all den Verzerrungen und Übersteuerungen nicht mehr kennt. Da gibt sich ein wahrer Altmeister zu erkennen.

Es war viel los in den 1960er Jahren: Neil Armstrong auf dem Mond, Marilyn Monroe, die Kennedys – alles wird nur kurz, aber prägnant angedeutet. Joan Baez bekommt etwas ausführlicher Raum, Anna-Magdalena Beetz spielt sie ziemlich chic. Die Musik von Pete Seeger erklingt immer wieder als gefühliger Gegenpart. Während von der Lieth meist in einer Mischung aus bekifft und besoffen auf der Bühne herumtorkelt und Jens Koch Rollen annimmt, die ihm nun einmal gar nicht stehen ,und dafür viele Lacherfolge erntet, bleibt Dylan der Fels in der Brandung. Er hat auch optisch einiges von seinem Rollenvorbild aus dessen besten Tagen mit Zügen zum Schwiegermüttertraum.

Das Scheitern Dylans wird nicht verschwiegen, etwa seine seltsamen Auftritte bei Prominenten, die hier bis zu Bill Clinton und seiner Praktikantin Monika Lewinsky reichen. Hertweck packt auch das mit stoischer Ruhe weg, indem er zeigt: Als Mensch mag Dylan Fehler gemacht haben, die Kraft seiner Musik bleibt aber unverändert. Das hat das Publikum so auch gesehen: Zwei Zugaben mussten schon sein aus dem reichhaltigen Repertoire von Dylan.