Selbst Ministerpräsident Winfried Kretschmann scheint überzeugt davon, dass Württemberg annähernd doppelt so groß ist wie Baden. Nach Ansicht des LandesverbandesBaden Vorurteil. Foto: dpa

Ist Württemberg wirklich doppelt so groß wie Baden? Davon ist selbst Ministerpräsident Kretschmann überzeugt, auch wenn die Zahlen etwas anderes sagen. Dieses Vorurteil ist nach Ansicht des Landesverbandes Baden das Grundübel aller Benachteiligung.

Karlsruhe - Auch mehr als 50 Jahre nach der Vereinigung fühlen sich viele Badener von den Württembergern über den Tisch gezogen. Die Benachteiligung lasse sich in Zahlen nachweisen, sagte der Vorsitzende der Landesvereinigung Baden in Europa, Robert Mürb, am Mittwoch in Karlsruhe. Als Beispiel nannte er die Städtebauförderung. Obwohl in Baden 42,5 Prozent der Bevölkerung lebten, seien in den vergangenen sechs Jahren nur 38,3 Prozent der Fördersumme hierhin geflossen.

Selbst MP Kretschmann gebe falsche Größenverhältnisse weiter

„Das Grundproblem ist, dass in der Landespolitik die Meinung vorherrscht, dass der württembergische Landesteil ungleich größer ist als der badische“, sagte Mürb. „Und das ist einfach nicht wahr.“ Aber selbst Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) trage zur Desinformation bei. So habe er auf einem Empfang des Landkreistages Karlsruhe im Juli behauptet, dass Württemberg etwa doppelt so groß sei wie Baden. „Wir haben ihm daraufhin die Daten über die tatsächlichen Größenverhältnisse vorgelegt.“

Benachteiligungen gibt es nach Berechnung der Landesvereinigung auch bei den Hochschulen. So habe die Landesregierung jeden der etwa 84.000 Studenten an den fünf badischen Universitäten zwischen 2003 und 2012 mit durchschnittlich 11.400 Euro pro Jahr gefördert. Die 55.000 Studenten an den vier Württemberger Unis erhielten dagegen 13.000 Euro pro Kopf. Diese Ungleichbehandlung müsse aufhören, forderte Mürb. „Die badischen Universitäten müssten sogar zusätzliche Zuschüsse erhalten, um die Benachteiligungen der zurückliegenden Jahre auszugleichen.“

Steuereinnahmen in Baden und Württemberg nahezu gleich

Die Landesvereinigung räumte auch mit dem Vorurteil auf, dass in Württemberg besser verdient und damit auch mehr Steuern gezahlt werden. Ein Blick in die Statistik der vergangenen Jahre zeige, dass das Steueraufkommen pro Kopf der Bevölkerung in beiden Landesteilen nahezu gleich groß ist, sagte Mürb. „Die großen Infrastrukturmaßnahmen wie Stuttgart 21 werden also von badischen Steuereinnahmen in hohem Maße mitfinanziert.“

Als eine Möglichkeit eines Ausgleichs nannte die Landesvereinigung die Errichtung des Nationalparks Nordschwarzwald. Für seine Unterhaltungskosten von jährlich etwa sieben bis acht Millionen Euro könnte das Geld genommen werden, mit dem das Land den Stuttgarter Tierpark Wilhelma fördere. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum die reichste Stadt Deutschlands nicht wie andere Kommunen auch selbst für ihren Zoo aufkommen könne.