Seit 2001 liegt das Gelände am Cannstatter Güterbahnhof brach Foto: Hörner

Die Erschließung des Cannstatter Güterbahnhof-Areals kommt die Stadt teuer zu stehen.

Stuttgart - Die geplante Erschließung des Cannstatter Güterbahnhof-Areals kommt die Stadt teuer zu stehen. Ein Gutachten, das jetzt im Gemeinderatsausschuss vorgestellt wurde, spricht von 65 Millionen Euro Kosten - ohne Grunderwerb.

Die Summe von 65 Millionen Euro hat jetzt den Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) aufgeschreckt und zu Verstimmungen auf der Bürgermeisterbank geführt. Denn der Kämmerer fordert angesichts dieser Zahl, das "städtebauliche Konzept grundsätzlich zu überdenken". Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) hingegen sieht keinen großen Handlungsbedarf.

Seit mehr als fünf Jahren werden Pläne für das 22 Hektar große Gebiet des alten Güterbahnhofs erarbeitet. Im Jahr 2001 erwarb die Stadt das Gelände zwischen Daimler-, Mercedes- und Benzstraße für rund 40,5 Millionen Euro von der Bahn. Auf dem Gelände sollten das Athletendorf und Sportstätten für die Olympischen Spiele 2012 gebaut werden. Doch der Traum von Olympia platzte. Alternativ sollte ein Niedrigenergiestandort entstehen, ein Vorzeige-Wohnquartier samt Hotels, Schulen und Sportplätzen.

Neben Föll sieht auch die FDP im Gemeinderat nun neuen Handlungsbedarf. Die Fraktion hat den Antrag gestellt, eine "komplette Neukonzeption für das Gebiet Neckarpark" zu erstellen, "um den Negativsaldo für die Stadt zu vermindern und im Sinne einer verantwortlichen und nachhaltigen Haushaltsführung zu agieren".

Geplant sind 450 Wohneinheiten

Matthias Hahn widerspricht der Einschätzung, es handle sich bei den 65 Millionen Euro um ein "Negativsaldo", also ein Defizit: "Die Summe umfasst schlicht die gesamten Kosten, die benötigt werden, um auf dem Areal ein neues Stadtquartier zu bauen - man bekommt schließlich auch etwas für das Geld."

Hahn bestreitet zudem, dass es vor der neuen Kostenstudie bereits Kalkulationen zum Gesamtprojekt gegeben habe: "So eine Rechnung wird selten aufgemacht, man plant die einzelnen Faktoren wie Schulen und Infrastruktur gesondert." Deshalb könne auch niemand sagen, die Aufsiedlung koste mehr als erwartet. Zwar sei es richtig, dass die Verkaufspreise für Wohneinheiten mit rund 420 Euro pro Quadratmeter höher lägen als im Stuttgarter Durchschnitt, "aber das kommt daher, weil wir auf dem Areal bei null anfangen", so Hahn.

Insgesamt sollen nach Gemeinderatsbeschluss 450 Wohneinheiten entstehen. "Ich plädiere dafür, diese Zahl auf 600 zu erhöhen", sagt Hahn. 450 Wohneinheiten auf besagter Fläche seien fast schon mit einem "ländlichen Status" zu vergleichen, 600 seien "immer noch weniger als auf vergleichbarer Fläche im Burgholzhof".

Ein Teil der 65 Millionen Euro ist für die Entsorgung von Altlasten vorgesehen. "Letztere fallen immer an, will man eine Bahnbrache zu einem Wohngebiet umfunktionieren - sie schlagen in dem Fall aber nicht zu Buche", sagt Hahn. "Bei der Altlastenerkundung haben wir festgestellt, dass bei einer Neubebauung auf 43 Flächen mit entsorgungsbedingten Mehrkosten zu rechnen ist, ein Grundstück wurde bereits bezüglich der Bodenverunreinigung saniert", sagt Werner Flad vom Amt für Umweltschutz. Diese Mehrkosten von rund zehn Millionen Euro seien aber bereits beim Kauf des Areals durch die Stadt kaufpreismindernd berücksichtigt worden.

Hahn schreckt die aufgeflammte Diskussion um das Stadtquartier nicht: "Es war erkennbar, dass es Themen gibt, die verhandelt werden müssen, wir werden uns die Zeit nehmen, den Fragen detailliert nachzugehen - aber das Projekt wird weitestgehend so kommen wie geplant", so Hahn. Die Grünen allerdings haben die Sorge, dass man "weg vom inhaltlich ausgereiften Konzept eines zukunftsfähigen Stadtteils hin zu einer Erlösmaximierung der Flächen" komme, so Stadtrat Peter Pätzold.