Christian Lange sitzt seit dem Jahr 1998 im Bundestag. Foto: Gottfried Stoppel

Der Staatssekretär Christian Lange hat sich zur Situation von Flüchtlingen auf dem Jobmarkt informiert. Dazu hat er das Jobcenter Backnang besucht.

Backnang - Sprachprobleme, fehlende oder in Deutschland nicht anerkannte Schulabschlüsse, der Paragrafendschungel – Flüchtlinge, die in Deutschland eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz annehmen wollen, müssen viele Hindernisse überwinden. Wie genau die aussehen und wie man Abhilfe schaffen könnte, davon hat sich am Freitag der SPD-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär des Justizministeriums, Christian Lange, informiert. Die diesjährige Sommertour durch seinen Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd hatte die Ausbildungssituation zum Thema, der Besuch beim Jobcenter Backnang bildete den Schlusspunkt.

Insgesamt betreuen die Mitarbeiter der Jobcenter im Rems-Murr-Kreis 370 Flüchtlinge im Alter bis 25 Jahren. Bis diese eine ganz normale Ausbildung beginnen können, ist es in den meisten Fällen ein langer Weg. Ulrike Duffey, beim Jobcenter für den Bereich Markt und Integration zuständig, dämpfte zu hohe Erwartungen: „Von unseren jungen Flüchtlingen sind gerade einmal 16 ausbildungsreif“, sagte sie. Vor allem die Sprache sei eine Barriere – Analphabetismus mache Sprachkurse nicht gerade leichter. „Im Bundestag gehen wir davon aus, dass 50 bis 60 Prozent der Flüchtlinge nicht lesen und schreiben können“, ergänzte Lange. Rund zehn Prozent hätten „ordentliche Voraussetzungen“.

Gesetzesänderung soll Chancen von Flüchtlingen verbessern

Der Staatssekretär überbrachte den Jobcenter-Mitarbeitern aber auch Neuigkeiten aus dem Bundestag, die diese mit Freude zur Kenntnis nahmen: „Die Neuregelung des Integrationsgesetzes tritt im Sommer in Kraft.“ Dahinter verbirgt sich die Gesetzesänderung, nach der Flüchtlinge eine dreijährige Ausbildung unabhängig von ihrem Status beenden dürfen, ohne abgeschoben zu werden. Schaffen sie am Ende die Prüfung, dürfen sie für zwei Jahre in Deutschland arbeiten. Auch die Altersgrenze von 21 Jahren, die eine Ausbildung bislang oft verhindert hatte, fällt laut Lange in Zukunft weg. „Wenn sie zurückmüssen, ist das dann nicht mehr fatal. Und es ist doch eine gute Bekämpfung der Fluchtursachen, wenn sie mit einer Ausbildung nach Hause gehen und helfen können, ihr Land wieder aufzubauen“, befand Lange

Das Jobcenter-Team berichtete aber von einem anderen Problem, das Flüchtlinge in einigen Fällen dazu gebracht hat, eine Ausbildung abzubrechen: Unter bestimmten Umständen könne es sein, dass sie zwar grundsätzlich Anspruch auf eine sogenannte Berufsausbildungsbeihilfe hätten, die in Einzelfällen aber versagt werden kann, zum Beispiel beim Überschreiten der Altersgrenze. Der Anspruch auf Grundsicherung entfällt für die Betroffenen aber trotzdem, und sie stehen nur noch mit dem Azubigehalt da – „davon können sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten“, erklärte Duffey. Der Staatssekretär versprach, sich die Sache näher anzusehen.

Bei allen Schwierigkeiten: Zum Abschluss des Gesprächs mit dem Abgeordneten gab sich Ulrike Duffey optimistisch. Die Motivation und die Werkzeuge, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren, seien vorhanden. Jetzt brauche es Geduld: „Ich bin jetzt seit mehr als 30 Jahren dabei und habe unter anderem die Zeit des jugoslawischen Bürgerkriegs erlebt. Damals kamen Menschen zu uns, die oft direkt am Krieg beteiligt waren. Und selbst diese Herausforderung haben wir ganz gut hingekriegt“, sagte sie.