Günther Philipp Stöferle will Denkanstöße geben. Er tut sich mit seinen Gedichten aber auch selbst etwas Gutes. Foto: Judith A. Sägesser

Günther Philipp Stöferle hat viele Jahre unterrichtet, unter anderem 25 Jahre in Sillenbuch. Seit Kurzem ist der 63-Jährige aus Bernhausen im Ruhestand. Zudem hat er seinen zweiten Gedichtband veröffentlicht. Darin gibt er Denkanstöße.

Filder - Mit der Dunkelheit kommen die Worte, die Dichterworte. Dann steigt Günther Philipp Stöferle die Wendeltreppe hinauf in seine Höhle. Rechts hinten unter der Dachschräge des Hauses im Herzen Bernhausens sitzt er und schreibt auf, was ihm die späte Stunde flüstert, was sich vielleicht über den Tag angesammelt hat und nach außen drängt.

Seit 20 Jahren verfasst Stöferle Gedichte, gerade hat er seinen zweiten Band veröffentlicht. Der Titel: „Du liegst auf dem Rücken“. Die Freunde und Bekannten hätten ihm immer wieder gesagt, dass die Gedichte zu schade seien, um bloß in den Leitz-Ordnern in der Höhle zu stehen. Das leuchtete ihm ein, 2006 erschien sein erster Band: „Die Liebe legt sich neben mich“.

„Manche finde ich wirklich gut“, sagt er über seine Gedichte. Es klingt nicht protzend, sondern ehrlich.

Stöferle, 63, aus Bernhausen war bis zu seinem frühen Ruhestand vor einem Jahr Lehrer für Französisch und Englisch. Unter anderem 25 Jahre am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Sillenbuch, und zuletzt am Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium in Leinfelden-Echterdingen.

Gedichtet hat er damals nebenher. In aller Regel spätabends, dann wenn sich der Tag dem Ende neigt, der Geist sich sortiert.

Alles, was ein Dachzimmer zur Höhle macht

Zu dieser späten Stunde, nach einem guten Glas Wein, einem nachdenklich stimmenden Film oder anregenden Gespräch zieht es Stöferle hoch, wo sich alles findet, was ein Dachzimmer zu einer Höhle macht: die Dachschräge, eine Matratze, ein Fernseher, ein Schreibtisch mit Computer. Der Raum ist auch bei Tag höhlenhaft dunkel, das machen das schwarze Inventar und die Bücherregale, die die Wände tapezieren.

Die Gedanken in Gedichtform zu bringen, fällt ihm nicht schwer, es ist keine Arbeit. „Es gehört zu meiner Person“, sagt er. Er zwingt sich nicht, sagt sich nicht: und nun noch zwei Stunden dichten. Er dichtet, bis er fertig ist. So sei das bei ihm auch mit dem Malen, sagt Stöferle. Er pinsele einfach drauf los, plane nichts. Und genauso sprudeln die Worte, wie sie wollen, und bleiben in aller Regel so stehen, wie er sie hingeschrieben hat. Er mag: mit wenigen Worten viel sagen. Kritisch sein, zum Nachdenken anregen, andere neugierig machen. „Es sind tiefgründige Anstöße“, sagt er.

Das ist aber nur die eine Seite. Die andere ist, dass sich Stöferle mit seinen Gedichten selbst etwas Gutes tut. Er ist dann im Lot, er kann sich ausdrücken.

Mit dem Schreiben hat er begonnen, als seine Eltern Mitte der 1990er relativ bald nacheinander gestorben sind. „Da habe ich gedacht: Ich arbeite mein Leben auf“, erzählt er. Also hat er eine Autobiografie geschrieben. Es half ihm, zu verkraften. Und dann begann das mit den Gedichten. Darin geht es zum Beispiel um Politik, die Liebe, Freundschaft, Glaube, Träume – eben alles, was das Leben so mit sich bringt. Die Lyrik ist Stöferles bevorzugte literarische Gattung, aber in der Dichterhöhle liegt auch ein fortgeschrittenes Manuskript für einen Roman. „Das ist richtige Arbeit.“ Ein Gedicht flutscht, ist fertig, dann kommt das nächste. Einen Roman zu schreiben, ist eine langwierigere Angelegenheit.

Irgendwann ist es genug

Aber Stöferle hat ja inzwischen genug Zeit – und auch keine großen Pläne geschmiedet für den Ruhestand. Er genießt. Die Jahre als Lehrer waren seins, das Unterrichten hat ihm Spaß gemacht. Aber irgendwann war es genug. „Man kommt ja auch an einen Punkt, wo es reicht“, sagt er. Es habe immer wieder Signale gegeben, die ihn an einen vorzeitigen Ruhestand denken ließen. Signale, die vor allem eines sagten: Für alles gibt es seine Zeit.

Stöferele erzählt davon, dass seine Schüler gar nicht glauben konnten, dass er ein Auto mit Kassettendeck fuhr. „Das ist so ein Fingerzeig, dass der Abstand groß ist“, sagt er und lächelt.

Günther Philipp Stöferle beschreibt sich selbst als eher melancholischen, nachdenklichen Menschen. Als einen, der zum Beispiel gern darüber sinniert und philosophiert, was wichtig ist und was nicht. Am besten gelinge ihm dies bei Pierre in der Provence, sagt er. Pierre ist 88 Jahre alt und er sei sein bester Freund. Er hat mit Mitte 40 Paris den Rücken gekehrt und in der Provence mit dem Weinbau begonnen. Dort lebt er nun mit seinen Eseln, Schafen, Katzen und dem Pferd. Von Alltagssorgen will der alte Mann nichts wissen, er redet lieber übers große Ganze. Deshalb fühlt sich der pensionierte Lehrer aus Bernhausen dort so wohl, es sei seine Oase.

Gedichtband:

Günther Philipp Stöferle: „Du liegst auf dem Rücken“, erschienen im Deutschen Lyrik Verlag, 2016. Die ISBN-Nummer lautet 978-3-8422-4445-0