Roland Hermann hat Freude daran, Senioren mit Musik zu unterhalten. Foto: J. Fritsch

Roland Hermann hat viel durchgemacht; nun veröffentlicht er seine Biografie. Auf 482 Seiten erzählt er, wie er vom Jugendlichen im Gefängnis zum Entertainer im Seniorenheim geworden ist. Den ersten kleinen Einblick gibt er hier.

Fasanenhof - Auf den ersten Blick merkt man Roland Hermann seine Vergangenheit nicht an. Er hat ein paar Tattoos auf den Unterarmen, trägt ein kariertes Hemd und eine graue Hose. Ganz in seinem Element scheint er zu sein, wenn er in verschiedenen Einrichtungen für Senioren unterwegs ist. Dort singt er Volkslieder und Schlager, als hätte er nie etwas anderes getan. Mit der Veröffentlichung seiner Biografie zeigt er eine andere Seite von sich – seine Vergangenheit.

„Beim Schreiben habe ich mein ganzes Leben aufgearbeitet“, sagt Roland Hermann und wirkt sehr ernst. Er geht souverän mit seiner Geschichte um und spricht offen darüber. Bereits mit sieben Jahren wurde er aus seiner Familie genommen und in ein Erziehungsheim gebracht. Geboren wurde er in einer kleinen Stadt bei Crailsheim. „Da habe ich aber nur die ersten drei, vier Jahre verbracht“, sagt der Rentner. Nach seiner Zeit im Heim für schwererziehbare Jugendliche war Hermann sogar 18 Monate im Gefängnis. Und das ist nur der Anfang seiner 482 Seiten langen Biografie.

Es hat sich viel verändert

Das Buch wird voraussichtlich in der kommenden Woche erscheinen und trägt den Titel „Mensch Ronald, war das schon alles?“ Hermann schreibt ausführlich über sein Leben, nennt sich jedoch vorsichtig „Ronald“ und gibt als Autor nur „Roland H.“ an. „Ich will ja nicht so sehr bekannt werden“, erklärt der 67-Jährige. Zu seiner Vergangenheit steht er aber. Sonst würde er sie ja nicht auf so vielen Seiten ausführlich veröffentlichen. „Ich habe keine Kinder und nichts. Da ist der Gedanke faszinierend, wenigstens das Buch zu hinterlassen, wenn ich mal nicht mehr bin.“ Wenn er erzählt, hat man den Eindruck, dass er wirklich aufgearbeitet hat, was ihn lange Zeit belastet hat. In allem, was er sagt, liegt ganz viel Ernst – und Dankbarkeit.

„Ich habe das Leben erst mit 38 Jahren richtig kennengelernt“, sagt Hermann. Es hat nämlich zwei wichtige Wendepunkte in seinem Leben gegeben. Einmal die 20-wöchige Entziehung und die darauffolgenden zehn Jahre, in denen er gar keinen Alkohol mehr konsumiert hat. „Darauf bin ich schon sehr stolz“, sagt er. Und schließlich schaffte Hermann es in den späten 90er Jahren aus der Schuldenkrise. Zu dieser Zeit habe er auch eine Arbeitsstelle bei der evangelischen Gesellschaft bekommen. „Es sah lange Zeit nicht so aus, als würde ich wieder in die Spur kommen.“ Doch mit dem neuen Beruf und ohne Schulden habe sich ihm eine Welt eröffnet, die er so nicht kannte.

Träume sind wichtig in seinem neuen Lebensabschnitt

Der 67-Jährige ist bereits seit neun Jahren im Ruhestand. Seitdem unterhält er ehrenamtlich ältere Menschen in öffentlichen Einrichtungen, wie zum Beispiel im Pasodi-Wohncafé auf dem Fasanenhof. Wegen seiner gesundheitlichen Probleme muss er aber darauf achten, dass er während der Vorstellung sitzt und jede Woche nur rund eine Stunde die Schlager und Musikstars vorstellt. „Mehr geht einfach nicht“, sagt er mit dem gewohnt ernsten Blick. „Aber älteren Leuten eine Stunde Freude zu bereiten, ist einfach klasse.“

„Träumen begleitet uns das ganze Leben lang“, sagt Hermann zu seinem Publikum im Wohncafé. Wie viel für ihn hinter dieser Aussage steckt, wissen die Zuhörer wohl erst, wenn sie sein Buch gelesen haben. Früher habe Hermann nicht viel mit Träumen anfangen können. „Mich hat nie interessiert, was morgen ist“, erzählt er. Heute hat der Autor jedoch den Wunsch, unabhängig vom Sozialamt zu sein, wenn auch nur für kurze Zeit. „Natürlich ist es ein Traum, einmal total selbstständig zu sein“, sagt er und lächelt sogar ein wenig.