Schwarzes Kapuzenshirt, schwarze Sonnenbrille, schwarze Kappen: Die Autonomen Nationalisten wie hier bei einer Demo 2013 in Göppingen, kopieren äußerlich den linksradikalen Schwarzen Block. Foto: dpa

Tagsüber wird das richtige Verhalten bei Hausdurchsuchungen trainiert, abends gibt es einen rechten Liederabend. Bis zu 300 Neonazis wollen sich angeblich am Wochenende bei Pforzheim treffen. Wo genau, ist streng geheim.

Pforzheim - Waffen sind verboten, geraucht wird nur in den Pausen an vorher festgelegten Stellen, Handys werden am Eingang einkassiert, und Alkohol wird erst „zur Abendgestaltung“ ausgeschenkt: Die Regeln des Zeltlagers, das am kommenden Wochenende im Raum Pforzheim stattfinden soll, würden auch zu einem Pfadfinderlager passen. Die Programmpunkte lesen sich allerdings anders. In Arbeitskreisen wird über „Militanz und Gewalt“ diskutiert. Es gibt Kurse zum richtigen Funken, zum Herstellen von Propagandaplakaten und praktische Übungseinheiten über das Verhalten bei Festnahmen oder Hausdurchsuchungen. Auch die Frage, inwieweit „die AfD eine wirkliche Alternative“ darstelle, werde bei einer Podiumsdiskussion erörtert. Für solche Schulungen sollten die Teilnehmer laut der im Internet veröffentlichten Packliste neben Zelt und Isomatte allerdings bitte schön „ordentliche Kleidung zum Wechseln“ mitbringen.

Ein Netzwerk namens „Antikapitalistisches Kollektiv“ hat zu dem Camp eingeladen und rekrutiert Teilnehmer per Flyer und im Internet. Was nach einer linksradikalen Splittergruppe klingt, ist tiefbraun. „Nur der völkische Sozialismus innerhalb dieser Nation kann gerecht und nachhaltig sein“, stellen die Organisatoren klar und kommen zu dem Schluss: „Dieses System ist nicht dauerhaft reformierbar.“

Die für Pforzheim zuständige Karlsruher Polizei ist mittlerweile in Alarmbereitschaft. „Unser Staatsschutz ist an der Sache dran“, sagte eine Sprecherin. Viel wissen die Beamten allerdings nicht. Selbst wo das Zeltlager (Teilnahmegebühr: mindestens 20 Euro) genau stattfinden wird, ist den Behörden nach eigenen Angaben nicht bekannt. Der Verfassungsschutz bestätigte auf Anfrage lediglich die Ortsangabe „Raum Pforzheim“. Mittlerweile ist aber auch das Elsass in den Fokus geraten. Man sei gezwungen, das Camp „knapp hinter die Grenze“ zu verlegen, erfuhren Teilnehmer per E-Mail. Offenbar hatte der Besitzer des ursprünglichen Zeltplatzgrundstücks kalte Füße bekommen, nachdem erste Berichte über das geplante Nazitreffen öffentlich geworden waren.

Nazis kopieren linke Szene

Auch der neue Ort ist bislang geheim. Selbst die Teilnehmer erfahren im Vorfeld keine Einzelheiten. Es werde verschiedene Treffpunkte geben, von denen aus die Weiterreise organisiert werde, heißt es. Nach Informationen dieser Zeitung rechnen die Organisatoren mit bis zu 300 Neonazis, die aus Baden-Württemberg, Hessen, aber auch aus den Niederlanden, Österreich und Italien anreisen und die dem Spektrum der Autonomen Nationalisten zugeordnet werden. Bei Aufmärschen tragen sie schwarze Kapuzenpullis, schwarze Baseballcaps und Sonnenbrillen und ähneln damit dem Schwarzen Block der linksautonomen Szene. Zuletzt mischten solche rechten Gruppierungen bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen zur Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt im März 2015 kräftig mit.