Der baden-württembergische Innenminister Gall hat die rechtsextreme Gruppierung "Autonome Nationalisten Göppingen" verboten. Foto: dpa

Die rechtsextreme Gruppierung "Autonome Nationalisten Göppingen" ist vom Südwest-Innenminister Reinhold Gall verboten worden. Die Gruppe gilt als gewaltbereit und hatte immer wieder für Unruhe gesorgt.

Göppingen - In der Neonazi-Szene gelten sie als besonders militant und schrecken auch vor Gewalt nicht zurück: Das baden-württembergische Innenministerium hat die rechtsextreme Gruppierung „Autonome Nationalisten Göppingen“ am Donnerstag verboten. Innenminister Reinhold Gall (SPD) wertete die Aktion als „klares Signal“ gegen Rechtsextremismus. Am Donnerstagmorgen durchsuchten Polizisten vier Wohnungen von Mitgliedern der Gruppe.

„Wir dulden in Baden-Württemberg keine rechtsextremistischen Vereinigungen, die in Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweisen“, sagte Innenminister Gall. Die Neonazi-Gruppe kämpfte laut Sicherheitsbehörden gegen das politische System und beging Straftaten. Zuletzt hatte Baden-Württemberg vor rund zwanzig Jahren eine rechte Gruppierung verboten.

Mit Straftaten und Demonstrationen hatte die Göppinger Vereinigung, zu der zeitweilig rund 20 Mitglieder gehörten, Unruhe in der Region östlich von Stuttgart ausgelöst. Erst im Oktober gingen Bürger in der Stadt gegen Rechts auf die Straße. Mit dem Verbot ist der 2009 gegründete Verein aufgelöst, jede Tätigkeit ist untersagt. Ob die Gruppierung gegen ihr Verbot vorgeht, ist noch offen - ebenso, ob sie ihre Aktivitäten möglicherweise im Geheimen fortsetzt: „Das warten wir ab“, hieß es aus dem Innenministerium. Sollten die Gruppe aktiv bleiben, drohe ihr eine Strafverfolgung.

Die „offene Zurschaustellung rechten Gedankenguts“ sowie die Gewaltbereitschaft der Gruppe habe die Bevölkerung in Göppingen erheblich verunsichert, so Innenminister Gall. Ziel des Vereins sei der „Kampf gegen das derzeitige politische System durch einen revolutionären radikalen und konsequenten Wandel der Politikform“ gewesen. Auf Veranstaltungen und im Internet hatten sie zum „freien, nationalen Widerstand“ aufgerufen. Von anderen Neonazi-Gruppierungen wie den Kameradschaften unterscheiden sich die auch in anderen Bundesländern vertretenen „Autonomen Nationalisten“ durch eine lockere Organisation in Netzwerken.

Vereinsvermögen beschlagnahmt

Das Vereinsvermögen ist laut Ministerium mit dem Verbot beschlagnahmt und eingezogen. Über die Höhe wurde noch nichts bekannt. Auch zu sichergestellten Gegenständen gab es keine Auskünfte: Hier laufe die Auswertung, sagte ein Sprecher. Zuletzt soll die Gruppe um die fünf Mitglieder gehabt haben. „So schnell können sich die Mitglieder nicht neu zu einer anderen Vereinigung formieren. Zudem hat so ein Vorgehen auch abschreckenden Charakter“, meinte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel.

In der Geschichte Baden-Württembergs wurden nach Angaben des Innenministeriums bisher sechs Neonazi-Gruppierungen verboten - zuletzt 1993 die „Heimattreue Vereinigung Deutschlands“. Im Jahresbericht 2013 zählte das Landesamt für Verfassungsschutz rund zehn Gruppen „Autonomer Nationalisten“ im Südwesten. Diese treten auch unter den Bezeichnungen „Freie Kräfte“ oder „Aktionsgruppen“ auf. Das Innenministerium äußerte sich nicht auf die Frage, ob auch bei diesen Gruppen Verbote geprüft werden.

Dem Verein in Göppingen werden laut Ministerium 67 Straftaten zur Last gelegt - von nächtlichen Aktionen über Sachbeschädigungen bis hin zu Gewalttaten. Gegen die Mitglieder des Vereins läuft derzeit auch ein Strafverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Zwei Führungsmitglieder sind schon länger in Haft.

In Göppingen sorgte die Nachricht vom Verbot für positive Reaktionen: Alex Maier, der Vorsitzende des Vereins „Kreis Göppingen nazifrei“, sagte, damit werde ein Signal durch das Innenministerium gesetzt. „Neonazis können nicht unbehelligt national befreite Zonen in Baden-Württemberg errichten und politische Gegner bedrohen und körperlich attackieren.“ Sein Anti-Rechts-Bündnis engagiert sich seit März 2012 im Landkreis Göppingen.

Bürgermeister Guido Till (CDU) und viele Göppinger hatten in der Vergangenheit mit fantasiereichen Aktionen gegen Rechtsextremismus mobil gemacht. So hatte die Hohenstaufenstadt den Aufmärschen der Rechtsradikalen tonnenschwere Fahrzeuge des Bauhofs in den Weg gestellt - so wurde im vergangenen Jahr eine Neonazi-Demo gestoppt.