Schwächere Wachstumsraten auf dem chinesischen Markt Foto: dpa

Die Auto-Zulieferbranche in Deutschland muss sich für härtere Zeiten rüsten. Vor allem das langsamere Wachstum in China – der bisherige Kraftmotor der Welt – wird in der Branche für Bremsspuren sorgen.

Stuttgart - Derzeit sind deutschen Autozulieferer auf Erfolgskurs. Sie sind so profitabel wie seit Jahren nicht mehr – im Branchenschnitt liegt die operative Umsatzrendite bei 7 bis 7,5 Prozent – und sie steuern in diesem Jahr wieder auf einen Produktionsrekord zu. Doch das schwächere Wachstum in China geht nach Einschätzung von Experten nicht spurlos an den deutschen Zulieferern vorbei, wie es in einer Branchenstudie der Commerzbank heißt. Immerhin ist China mit einem Umsatzanteil von 28 Prozent der bedeutendste Markt – vor zehn Jahren lag der Anteil gerade mal bei fünf Prozent. Die deutschen Zulieferer profitierten dort vom hohen Anteil der Premium-Fahrzeuge.

Auch der Druck auf die Renditen wird zunehmen. Das hat mehrere Gründe: Die bisher eher profitablen Märkte in China und Nordamerika wachsen geringer, gleichzeitig steigt gerade in China der Konkurrenzdruck und die staatliche Reglementierung. Hinzu kommen Kostendruck durch gesetzliche Vorgaben wie CO2-Ziele und Sicherheitsstandards, die nur bedingt an die Autokäufer weitergegeben werden können. In Europa gehe es nach der Finanzkrise weiter aufwärts, aber mit Ausnahme von Osteuropa sei langfristig nur mit Aufholprozessen und nicht mit echtem nachhaltigen Marktwachstum zu rechnen, sagt Michael Kotzbauer, Bereichsvorstand der Commerzbank-Mittelstandsbank Süd.

Bislang machen die deutschen Autozulieferer rund 36 Prozent ihrer Umsätze im Ausland – nicht genug, nach Ansicht der Branchenexperten. Denn nicht nur große Zulieferer wie Bosch, Conti, ZF & Co müssen ihren Kunden ins Ausland folgen, sondern auch kleinere Firmen. „Nur wer weltweit unterwegs ist und weltweit liefert, kann von den wachstumsstarken Märkten profitieren“, sagt Klaus Bräunig, Geschäftsführer des Verband der Automobilindustrie (VDA).

Nach Schätzung von Bräunig werden die deutschen Autokonzerne in diesem Jahr 5,7 Millionen Autos im Inland bauen, aber 9,8 Millionen Fahrzeuge im Ausland. „Und die Schere wird weiter auseinander gehen“, sagt er. Gerade kleinere Mittelständler müssten daher regelmäßig ihr Geschäftsmodell überprüfen. Dazu gehört auch die Frage, ob ihnen nicht Aufträge in Deutschland verloren gehen, wenn sie ihre Kunden in China nicht beliefern können. Man müsse die Internationalisierung fördern und gleichzeitig die heimischen Standorte sichern. Er rechnet mit weiteren Übernahmen und rät auch Mittelständlern zu Kooperationen. Große wie ZF oder Mahle hätten es schon vorgemacht.

Laut Studie wird gerade auch für Zulieferer der zweiten und dritten Reihe die Auslandsproduktion vom „Kann zum Muss“, weil immer mehr Vorprodukte lokal beschafft werden müssten. Das beziehe sich vor allem auf stark wachsende Produktionsländer wie China und Mexiko – letzteres ist ein wichtiges Produktionsland für deutsche Autohersteller – unter anderem wegen der Nähe zum US-Markt. Materialkosten sind mit rund 55 Prozent mittlerweile der bedeutendste Ausgabenposten – deutlich vor den Personalkosten mit rund 17 Prozent. Auch der technologische Wandel wird zunehmend teurer. Der Verbrennungsmotor wird der Studie zufolge weiter dominieren – in den nächsten zehn bis 15 Jahren dürfte das reine Elektroauto gerade mal zehn Prozent vom globalen Autoabsatz ausmachen. Innovationen rund ums Fahrzeug werden maßgeblich von Konsumelektronik und Internetvernetzung im Auto bestimmt.

Mit der Komplexität steigen auch potenzielle Fehlerquellen. Deshalb halten es Experten für wichtig, dass Hersteller und Zulieferer schon im frühen Entwicklungsstadium enger zusammenarbeiten, um sich später teure Rückrufe zu ersparen.

Zulieferer könnten heute schon vom hohen Potenzial der Assistenzsysteme profitieren. Aus rechtlichen Gründen werde aber das autonome Fahren noch eine Weile dauern. „Ob die Googles dieser Welt auch einmal vollständige Autos bauen werden, bleibt abzuwarten – aus heutiger Sicht eher nicht“, sagt Kotzbauer.