Bis 2020 will die deutsche Autoindustrie 30 Modelle von Elektroautos auf den Markt bringen. Das Bild zeigt einen Blick unter die Motorhaube eines VW e-Golfs. Foto: VW

Die Geschäfte der Autobauer entwickeln sich gut. Doch StZ-Redakteur Roland Pichler warnt: Das ist nur eine Momentaufnahme. Auch viele Fragen hat die erfolgsverwöhnte Branche bisher allenfalls schemenhafte Antworten.

Berlin - Für die Automobilindustrie ist das ein bemerkenswertes Jahr: Obwohl der Diesel-Skandal bei Volkswagen und die Berichte über geschönte Verbrauchswerte bei vielen Autokonzernen zu Negativ-Schlagzeilen führen, laufen die Geschäfte der Hersteller und Zulieferer rund. In Deutschland sind die Neuzulassungen so stark gestiegen wie seit Jahren nicht mehr. Das zeigt, dass trotz der Manipulationen das Vertrauen der Konsumenten vorhanden ist. Doch das ist allenfalls eine Momentaufnahme. Denn gleichzeitig ist zu spüren, dass die Skepsis gegenüber der Branche zunimmt. Dem sollte die Industrie mit mehr Offenheit begegnen. Es reicht nicht, sich auf den guten Zahlen auszuruhen. Dass gerade auch auf dem deutschen Markt mehr Autos bestellt werden, ist nicht zuletzt auf besondere Umstände zurückzuführen. Die Konsumlaune der Deutschen ist auch wegen der extrem niedrigen Zinsen gestiegen. Dass dies auf Dauer so weitergehen kann, ist kaum zu erwarten.

Schemenhafte Antworten

Der Verband der Automobilindustrie hat nach massiven Vorwürfen gegen die Branche nur zögerlich Lehren gezogen. Er sollte stärker ins Bewusstsein rücken, vor welchen Veränderungen die Industrie steht. Dazu macht der VDA mit einem Thesenpapier den Anfang. Bisher fiel der Branchenverband vor allem dadurch auf, dass er Angriffe von Kritikern abwehrte. Es wird aber zu wenig deutlich, wie sich Hersteller und Zulieferer die Zukunft vorstellen. Tatsächlich ist in den Unternehmen einiges im Umbruch. Nicht nur die Elektromobilität wird einschneidende Veränderungen im Produktionsprozess mit sich bringen, sondern auch die Digitalisierung der Autos und des Straßenverkehrs erfordern neue Antworten. Dazu kommen wachsende Anforderungen durch die Umwelt- und Klimapolitik. Die Antworten der Autoindustrie sind bisher nur schemenhaft zu erkennen.

Stattdessen neigt die Autolobby dazu, die offenen Fragen mit allerlei Zweckoptimismus zu beantworten. Das zeigt sich beispielsweise bei der Elektromobilität. Erst macht die Branche gewaltig Druck, damit die Politik eine Kaufprämie beschließt. Nach der Einführung der staatlichen Zulage stellt sich nun heraus, dass die Förderung kaum große Nachfrage entfacht. Der Verband der Automobilindustrie reagiert darauf mit der neuen Prognose, dass zur Mitte des nächsten Jahrzehnts alles besser wird. Glaubhaft sind solche Durchhalteparolen nicht. Notwendig sind nachvollziehbare Konzepte, wie die Industrie den Wandel bewältigt. Der Verweis auf schöne Statistiken allein ist zu wenig.