Das Glasmosaikbild mit einem Motiv aus Tata hängt mitten in Horst Arzts Wohnung.Die Ruinenkirche ist eines der Wahrzeichen von Zámbék. Foto: factum/Bach

Er engagiert sich seit mehr als 30 Jahren für Menschen in und aus Ungarn. Dafür erhält der Gerlinger Unternehmer und Stadtrat Horst Arzt an diesem Sonntag, 20. August, gleich zwei hohe Auszeichnungen – in Zsámbék und in Gerlingens Partnerstadt Tata.

Gerlingen - E r hat ein großes Herz für andere. Die Beziehungen zu Mitmenschen in den ungarischen Orten Tata und Zsámbék sind ein Lebensinhalt für Horst Arzt. Tata, knapp 24 000 Einwohner, ist seit 1987 die Partnerstadt von Gerlingen. Zsámbék ist mit gut 5000 Einwohnern kleiner und die Heimat vieler Familien, die 1945 von dort vertrieben und in Gerlingen ansässig wurden. Arzt ist an diesem Sonntag, dem Stephans- oder Nationalfeiertag in Ungarn, in beiden Städten Ehrengast.

In Zsámbék erhält er am Vormittag die Ehrenbürgerwürde, in Tata am Abend den König-Sigismund-Preis. „Es ist mir eine Bestätigung für die unermüdliche Arbeit für die Partnerschaft“, sagt der 75-Jährige. Am Freitagmorgen machte sich eine Delegation aus Gerlingen auf die 870-Kilometer-Strecke. Neben Arzt und seiner Frau ist noch eine kleine Abordnung der Landsmannschaft der Ungarndeutschen (LDU) dabei, unter anderem Erich Gscheidle. Auch der ehemalige Hauptamtsleiter der Stadt gehört zu denjenigen, denen die Beziehungen nach Ungarn und zu Menschen von dort mehr als ein Anliegen ist. Arzt kennt die Strecke wie seine Westentasche, „ich war schon 60 oder 70 Mal dort“.

Und er weiß auch um so manche Gepflogenheit. Arzt hat Ende Juli einen Brief des Bürgermeisters von Tata, József Michl, erhalten. Darin wurde ihm die Verleihung des Sigismund-Preises mitgeteilt – und er nicht nur mit „sehr geehrter Herr Arzt“ angeredet, sondern auch, handschriftlich, mit „lieber Horsti!“. Das müsse man erklären, sagt Arzt. Was hierzulande eine Verniedlichung und Verkleinerung sei, bedeute im Ungarischen sehr viel mehr. Da sei nämlich das „i“ Synonym für eine Ehre, „es bedeutet so viel wie ,guter Freund’.“

Handschriftliche Ergänzung

Apropos Ehre: Arzt freut sich sehr über die beiden Auszeichnungen, zumal er bereits das ungarische Ritterkreuz und die Ehrenbürgerwürde Tatas verliehen bekam. Er glaubt, dass die gleich zwei Auszeichnungen am Stephanstag 2017 kein Zufall sind. Er vermutet, dass sich die beiden Bürgermeister, József Michl aus Tata und László Horváth aus Zsambek, abgesprochen haben. Denn er sei für beide Städte engagiert. „Als Stadtrat habe ich mich für Tata eingesetzt, privat für Zsámbék.“ Für die kleinere Stadt wurde ein Kinderhilfswerk gegründet, das er unterstützte – mit Geld, mit Schulmöbeln, mit Hilfsgütern für die Kirche und deren Sozialarbeit. Für wenig begüterte Menschen in Tata gab es pro Jahr eine Kleidersammlung. Das werde nicht aufhören, solange er lebe.

„Es hat mich nie mehr losgelassen“

Die Faszination der Beziehungen zu Menschen in und aus Ungarn hat den jungen Horst Arzt, Jahrgang 1941, schon mit dreizehn und vierzehn Jahren gepackt – da dachte noch niemand an Städtepartnerschaft. Die kam 1987 zustande. In den Fünfzigern war Gerlingen damit beschäftigt, Hunderte Vertriebene aus Ungarn aufzunehmen, ihnen Grund und Boden und die Basis für das neue Leben zur Verfügung zu stellen. Damals sei er, gebürtiger Leonberger, als Pfadfinder und Lehrling nach Gerlingen gekommen. „Die Menschen waren nette und fleißige Leut’, sie haben mir Respekt abverlangt, sie haben in der Siedlung ein Haus nach dem anderen gebaut.“

Freundschaften entstanden, er fand den Weg nach Zsámbék, „das hat mich nie mehr losgelassen“. Oft fuhr er hin, später auch in die nur 30 Kilometer entfernte Partnerstadt Tata. Dass er die Arbeit der Kirchengemeinde und von Schwester Agnes unterstützte, war für den Katholiken immer selbstverständlich. Einmal, erzählt Arzt in einem Nebensatz, habe er einen guten Freund, auch der guter Katholik, an das Vergeben als Pflicht der Christen erinnert. Das war der Bürgermeister von Tata – der seinem Amtskollegen in Gerlingen dessen Ablehnung eines Ordens krumm nahm. Jetzt würden sich die beiden wieder umarmen. Am Sonntag wird „Horsti“ sicher von vielen Menschen geherzt. Ungarn und Gerlingen sind weit voneinander entfernt, die Menschen sich in den Herzen aber nah.

Der Stephanstag

Nationalheiliger
Sankt Stephan wurde am 20. August 1083 heiliggesprochen. Er gilt als der Nationalheilige in Ungarn; der 20. August ist seit 1891 ein Feiertag, der alljährlich als Festtag begangen wird. In der Zeit des Kommunismus in Ungarn wurde der Stephanstag als „Tag des Brotes“ begangen. Seit 1989/1990 wird der Stephanstag wieder als solcher gefeiert, mit Feuerwerk in Budapest zum Abschluss.

Denkmale
Zur Erinnerung an den Heiligen Stephan gibt es in der ungarischen Hauptstadt Budapest die 1905 eingeweihte Basilika Sankt Stephan. Ein Jahr später wurde das Sankt-Stephans-Denkmal eingeweiht.